Stanley auf Kurs

  Hallo Bloggs,

war im richtigen Nordwesten, also noch weiter nördlich von Manchester. Und da war ich bei Accrington Stanley. Es war nasskalt und es war vierte englische Liga. Fussball mit viel Herz und manchmal wenig Verstand, aber ein schnuckliger Ground mit einem Club, welcher wahrscheinlich sogar aufsteigt. Accrington Stanley war lange von der Landkarte des englischen Profifussballs verschwunden, erst seit 2016 spielt man wieder mit, und zwar in der League two. Nun schickt man sich an, nochmals aufzusteigen. Allerdings wage ich zu bezweifeln, ob die Infrastruktur dafür ausreicht. Es gibt kaum Parkplätze, alles ist niedlich und erinnert schwer an, an etwa deutsche Oberliga. Egal, die Tabelle gibt ein besseres Bild ab, man ist nur einen Punkt hinter Tabellenführer Luton und hat sechs Punkte Vorsprung auf den Viertplazierten Wycombe Wanderers.

Übernachtet habe ich in Burnley und auch in Accrington bin ich einigermaßen erschrocken. Vergesst London und die bekannteren Städte, wer das echte England erleben will, muss in den Norden. Hier ist alles rustikaler, alles zum Teil trostloser, alles bedrückender und ehrlicher. Hier gibt es keine Investoren im Überfluß, dafür aber Armut und noch viele Anzeichen des industriellen Niedergangs des einstigen Weltreiches.

Es sind ungefähr zwei Kilometer vom Bahnhof in Accrington und ich machte mich sofort auf den Weg, denn diesmal musste das Ticket wie früher direkt am Kartenhäuschen gekauft werden. Der Weg ist gut ausgeschildert und es geht leicht bergan. Am Stadion dann eine positive Überraschung, ich bezahlte nur 10.-- BP, für einen Sitzplatz auf der "Haupttribüne". Insgesamt gehen nur 5.057 Zuschauer rein, davon aber sind 2.000 Sitzplätze. Ausverkauft war das WHAM Stadium noch nie ! Alles ist ziemlich klein, eng und in die Jahre gekommen. Die drei VIP-Räume gleichen Hasenställen und das Stadion ist zersplittert in unüberdachte Stehplätze, eine halbe Sitzplatztribüne gegenüber und einer überdachten Stehplatztribüne hinter dem Tor. Da stehen die Heimfans.

Gegner war Morecambe. Es war so etwas wie ein kleines Derby und auch eine mittlere Abordnung des abstiegsbedrohten Nachbarn war da. Das Match war wie erwartet, mit viel Tempo und Einsatz, mit viel Zweikampf und wenig Technik. Ab und zu zeigten die Hausherren, dass man an die Tür der dritten Liga anklopft, von Morecambe kam herzlich wenig. Die wenigen Chancen für Stanley wurden allerdings dann doch gut herausgespielt, aber vergeben. Der Knackpunkt war die 45. Minute. Ein berechtigter Strafstoß brachte das 1:0 zur Pause und die verdiente Führung. Diese Pause nütze ich immer zu einem Rundgang, in den unteren Ligen in England ist das noch möglich. Im zweiten Abschnitt änderte sich das Bild etwas, die Gäste machten "auf" und drängten auf den Ausgleich, wirkten aber insgesamt zu bieder. Das Spiel endete dann mit 1:0 und der Schiedsrichter war der beste Mann auf dem Feld. Er ließ das Match mit einer wahren Bierruhe laufen, pfiff kaum Foul und das trug dan doch wesentlich zum Spielfluss bei. Es war trotz des Einsatzes eine faire Partie und ohne die sattsam bekannten "Verletzungsunterbrechungen" mit anschließender Wunderheilung. Ich kenne mich in der League two nicht so aus, aber Accrington scheint tatsächlich den Sprung schaffen zu können. Das Team ist überraschend jung und versucht neben den "long balls" auch Rasenschach und Kombinationsfussball. Die ideale Mischung eben. Irgendwann in Kürze gibt es mehr Bilder und weitere Geschichten aus dem Nordwesten Englands.

Keep the faith.

RaMü