Aarau will "Barrage"

Hallo Bloggs,

es war schon etwas spontan, mein Trip in die Schweiz. Nach Aarau, genauer gesagt in die 2. Liga der Eidgenossen. Zwar habe ich schon länger mit den Stadien von Aarau und Winterthur geliebäugelt, aber eigentlich wollte ich am Freitagabend zum Abstiegsduell in der zweiten französischen Liga, aber irgendwie hat das mit dem Ausdrucken des Tickets nicht geklappt. Ich spreche von Nancy gegen Valenciennes. Also umgeschwenkt. In der Entfernung sogar ein paar Kilometer kürzer, deutlich weniger Verkehr und man kann sich noch gut verständigen. Also nach Aarau.

Es hat alles gut geklappt. Sogar ein zwanzigminütige Verzögerung an der Grenze steckte ich weg, über Umwegen bin ich dann am Stadion angekommen, dem Brügglifeld des FC Aarau. Das Parken wurde zum Problem, der freundliche Polizist zuckte mit den Schultern und meinte: "irgendwo halt". Es gelang dann vorzüglich. Das Stadion liegt eh in einem Wohngebiet und ich parkte da und hatte nur 500 Meter zu Fuß, perfekt. Die zweite Liga in der Schweiz ist nicht der zweiten Liga in Deutschland zu nicht vergleichen, beileibe nicht. Da hat der "Zuschauerkrösus" Winterthur 3.638 Zuschauer im Schnitt, Chiasso empfängt als Schlußlicht nur 521 pro Begegnung. Krass. Ich habe mal durchgeklickt, mit dem Brügglifeld findet man einen "old scholl ground". Das hat mich gereizt, das wollte ich sehen. Und tatsächlich, es hat was. Zudem war es mit dem FC Schaffhausen ein erweitertes Nachbarschaftsduell. Immerhin wollten 3.346 Zuschauer dieses Spiel sehen, der Schnitt im Aargau liegt bei 2767. O.k. Nachdem ich im Dezember in Schaffhausen war, es war eine trostlose Kulisse von rund 1.000 Zuschauern in einer nagelneuen 13.000 Arena, war ich gespannt, was "Schaffhussa" diesmal auf die Beine bekommt. Ich wurde bestätigt, geschätzte 70 Figuren verloren sich im Gästeblock. Aarau dagegen kann punkten. Der Support auf der dachlosen Gegenseite ist prinzipiell nicht schlecht, etwa durchschnittliche 3. deutsche Liga. Aber, der eigentliche Grund war das Brügglifeld. Und das ist der Hammer. Irgendwie was von England, irgendwie Tradition und ehrwürdiger Charme, irgendwie klasse und irgendwie traurig. Denn Aarau plant einen Neubau in der Nähe des Bahnhofes. Die Finanzierung steht und ist auch schon durch den Stadtrat. Ach ja, das liebe Geld. Die Schweiz ist teuer und das merkt man auch beim Fussball, ein kleines Bier kostet 4,50 €, die günstigste Wurst umgerechnet 5,40 €. Die bekommt man in Aarau in einer Tüte in die Hand gedrückt, Brot kann man sich selbst aus dem Brotkasten nehmen. Und die Eintrittspreise erst !  Der Sitzplatz auf der einzigen und kleinen Tribüne ist mit stolzen 42.-- € total überteuert, das Stehplatz ist mit 18.-- € ist aber auch gerade kein Schnäppchen. Zweite Liga, Schweiz. Nun, es hat sich trotzdem gelohnt, das Spiel war doch sehr unterhaltsam, speziell die erste Halbzeit. Zwei sorglose Abwehrreihen und eine gnadenlose Effizienz sorgten zunächst für eine 3:0 Führung der Aargauer, aber Schaffhausen schlug zurück, innerhalb von vier Minuten verkürzte man auf 3:2. Das Fussballvolk war zufrieden und der neutrale Besucher sowieso. Schaffhausen schwächte sich durch eine rot-gelbe Karte in der 70. Minute selbst, konnte aber den Druck aufrecht halten. So wurde Aaraus Schlußmann Nikolic gar zum "Spieler des Tages" gewählt, das sagt alles. Dieses Resultat brachte den FC Aarau wieder weiter ran, an die Barrage. Hä ? Ich habe auch gezuckt, aber im sportlichen Bereich steht das auch für Religation. Und es kommt aus dem französischen Sprachraum und steht in der Schweiz nun mal für die Aufstiegsrunde. Das ist das große Ziel, Tabellenführer Servette Genf ist unaufholbar und so gut wie sicher in der Superliga, in der kommenden Saison. Die Chancen für Aarau stehen nicht schlecht, man ist immerhin Rückrundentabellenführer. The trend is my friend.

Fazit: Es war nett. Wer einen richtig "old school ground" sehen will, muss hin. Aber Beeilung, denn die Tage sind gezählt. Dann ist Schluß mit der Fußballromantik im Brügglifeld, Schluß mit Stehen auf dem Gras, Schluß mit dem Holzkohlegrill und Schluß mit allem, was die gute, alte Zeit auszeichnet. Dann beginnt die Moderne, die Zukunft, auch in Aarau.

Nach diesem Trip durch das Brügglifeld nun die Zukunft:

Keep the faith.

RaMü