"Dig in" bei den "Schanzern"

Hallo Bluebloggs,

bei dem Befehl "dig in" heißt es bei der Infanterie, Klappspaten raus und rein ins Erdreich, Schützenlöcher graben, schließlich gilt es vom Angriff in die Verteidgung überzugehen. Im späten Mittelalter in Deutschland nannte man es sich "verschanzen / schanzen", man verteidigte die "Schanze" und die damaligen Pioniereinheiten trugen den Beinamen "Schanzer". Nun sind wir endlich beim Fußball angelangt und somit zwangsläufig beim FC Ingolstadt. Also wir waren mit dem VfB beim Auswärtsspiel bei den "Schanzern":

Um mehr über die Stadt Ingolstadt und seine Vergangenheit zu erfahren, parkten wir auf dem Parkplatz bei der Saturn-Arena. Hier spielen die Panthers, der örtliche Eishockeyclub. Man muss lediglich durch eine Unterführung durch, dann erkennt man schon auf Anhieb den Beinamen des FC, "Die Schanzer". Weitläufige Festungsanlage schützen die Donau und somit die Stadt, die Reduit Tilly ist ein klassisches Beispiel für die Verteidungsanlagen im 16./17. Jahrhundert. Man baute runder, legte tiefer und dicker. In heutiger Zeit wurde das Gelände renoviert und mit lieblichen Gartenanlagen verschönert.

Ähem, Archivbild von 2010. Habe aktuelle Bilder verpennt.

Dann geht man über einen Donausteg und findet sich im "neuen Schloss" wieder, jetzt ist man wieder im "klassischen" Mittelalter angelangt. Zugbrücken, eckige und hohe Wehrtürme zeigen vom hohen Wert der Stadt, stolz und wehrhaft wehte das Banner über dem Fluss. Man ist nun am Beginn der Neuzeit angekommen, der unvermeidlichen Fußgängerzone, welche allerdings auch schon deutlich früher das Herz der Stadt war. Marktplätze, Kirchen, historische Häuserfronten und das alte Rathaus bilden den historischen Hintergrund für ein allerdings überschaubares Treiben, von Fußballbegeisterung keine Spur. Das andere Ende der Stadt bildet das Kreuztor, welches mit seinen rötlichen Backsteinen eher an Norddeutschland erinnert, erbaut im Jahre 1385 ist es ein gutes Beispiel für die Wehrhaftigkeit der Stadt:

Da ich im mal vor Jahren für eine Woche in Ingolstadt war, kannte ich mich ein wenig aus und daher steuerten wir dann das älteste "Wirtshaus" von Ingolstadt an, "Der Daniel" bewirtet sein 1491 seine Gäste. Es ist ein Klassiker und war bislang ein Geheimtipp, war. Der kluge Mann baut vor und wir hatten reserviert, so gegen 12.30 Uhr füllte sich das gesamte "Wirtshaus" mit schwäbischen Fussballfans, welche sich über die urgemütliche bayerische Küche hermachten. Irgendwie scheint die Altstadt fast komplett vom Geschehen um den FC Ingolstadt abgekoppelt, lediglich die VfB-Fans beherrschten die Szene. Erst beim ZOB mit seinen vier Haltestellen kam eine Art Stimmung auf, auf dem kleinen, aber feinen Viktualienmarkt vermischten sich die Fans beider Lager. Die "Roten" waren sich ihrer "Bedeutung" bewußt, hier der große Traditionsverein vom Neckar und dort der Emporkömmling von der Donau mit seinen Audimillionen. Dabei hat der FC Ingolstadt den zweitniedrigsten Etat der Buli, Schlußlicht sind die "Lillien" aus Darmstadt. Mit dem Shuttle ging es dann zum Audi-Sportpark und hier begann dann der sportliche Teil der Reise, das Auswärtsspiel der Roten:

Die Polizeipräsenz und das "schwarze Korps" USK waren beeindruckend, Bayern hat anscheind schier unerschöpfliche Reserven. Egal, der obligatorische Rundgang erbrachte immerhin ein kostenloses "Schanzer Bladdl", das unvermeidliche Stadionheft mit 60 Seiten. Dann auch noch für "Umme", sehr selten und daher sehr lobenswert. 

Wir hatten Sitzplatz in Block E, seitlich über der Eckfahne mit Blickkontakt zum VfB-Support. Natürlich war gemischtes Publikum angesagt, aber alles problemlos. Die Cannstatter Kurve machte den Einlauf zum optischen "eye catcher", bei 18.000 Zuschauer war das aber auch kein großes Problem. "Dig in" heißt im Fußball, wenig Gegentreffer und "schaun mer mal". Der Aufsteiger ist damit mehr als gut über die bisherige Runde gekommen, drittbeste Abwehr am 26. Spieltag, Respekt. Allerdings geht das auf Kosten der Offensive, man stellt mit 19 Treffern den schlechtesten Sturm der Liga. Überhaupt scheint man mehr auf Freistösse um den Strafraum zu spekulieren, ein Tatsache welche seit mehreren Spielen zu beobachten ist. Anstatt sich spielerisch dem Tor zu nähern, sucht der Ballführende den Zweikampf und fällt sehr schnell. Pfiff, Freistoß. Allerdings fiel das 1:0 durch einen VfB Fehler, 1:0 schon zu diesem Zeitpunkt, Ingolstadt war fassungslos. Das 1:1 kurz danach beruhigte die Sache für den VfB und danach wurde es schwächer, die "Schanzer" wendeten die Masche "Freistoß produzieren" mehrmals an und waren erfolgreich. Mit dem 1:1 ging es in die Pause und dann war alles möglich. Der höchste Bundesligasieg in der Geschichte Ingolstadt bis zum Auswärtssieg der Stuttgarter, die Palette war weit und lang. Die Gäste wurden allerdings kalt erwischt, bis zur 61. Minute lag man 3:1 im Rückstand. Die "Schanzer" waren sich aber etwas zu sicher, "schanzten" sich ein und hatten gar Pech, das  vermeintliche 4:1 wurde zu vorschnell verkündet. Erst Porsonalwechsel weckten den VfB und Rupp gelang das 3:2. Dass dann ein umstrittener Elfer für das 3:3 durch Didavi sorgte, war pure Ironie, denn zuvor war Ingolstadt mehrmals vom Schiedsrichter bevorteilt worden. Ich persönlich war gespalten, ein Punkt auswärts in den letzten Minuten nach einem 3:1, ist sehr gut für die Moral und spricht für den gesamten Kader. Auf der anderen Seite hatte ich das Gefühl, dass die Angereisten nicht alles abriefen, irgendwie hatte man wohl geglaubt beim Aufsteiger ohne große Anstrengungen zum Dreier zu kommen. Das ging schief und dann brauchte man noch einen Kraftakt, um den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Hier noch ein paar Eindrücke vom Drumherum:

Nach dem Spiel ging es dann doch etwas langsam im Shuttle-Bus zurück in die Stadt, der Rückmarsch zum Parkplatz war ja schon bekannt. Die Rückfahrt wurde dann doch noch unterbrochen, durch einen Besuch einer fränkischen Kneipe bei Schwabach. Meine drei Bratwürste waren recht groß geraten. Bei der Bestellung hatte ich die kleinen "Nürnberger" im Kopf, serviert wurden große, grobe Würste. Tja, wir waren im fränkischen, bayerischen Grenzgebiet angelangt. Nach dem "Grenzübertritt" nach Würtemberg auf der endgültigen Heimreise war dann aber klar, vor 22.00 Uhr sind wir nicht auf dem heimischen Sofa.

RaMü

 

 

 

 

RaMü