Richtiger Support
Hallo Bloggs. Es war das dritte Spiel im Zeitraum der "Möglichkeiten", sprich; es werden wieder Zuschauer zugelassen. Und es war das Spiel, welches vom Drumherum mit Support und so einem Match unter Profis am nächsten kommt. Es war in der Regionalliga Südwest, ich war bei Ulm vs. Homburg. Wochenlang habe ich die Inzidenzwerte beäugt, habe immer wieder verschiedene Websites der unterschiedlichen Vereine angeclickt, habe die Spielpläne miteinander verglichen. Habe noch nach Möglichkeiten für einen Stadionbesuch in der völlig depperten Saison 2020/21 gesucht. Immer wieder fiel mir diese Partie ins Auge. Erstens war die Anfahrt locker zu verkraften, der SSV Ulm hat zumindest im Südwesten einen gewissen Namen und das Stadion sieht doch sehr "old school" aus. Außerdem haben die "Spatzen" eine sehr gute Fanbase vorzuweisen. Unter der Vorwoche habe ich noch mit einem Pokalspiel in Bayern spekuliert, Aschaffenburg gegen Burghausen wäre eine mögliche Option gewesen. Ein Ticket in diesem Fall sogar problemlos. Habs aber doch gelassen.
Und ich hatte den richtigen Riecher, für diese Begegnung wurden 500 Zuschauer zugelassen und ab Donnerstag, 17.00 Uhr war der Ticketshop online freigeschaltet. Um 17.08 Uhr bekam ich das Ticket 487, oder so. Nun stand einem Besuch des Donaustadions nichts mehr im Wege, der obligatorische Tagestest im heimischen Testzentrum erledigt, das Kontaktformular ausgefüllt und los ging es. Im Prinzip ein Katzensprung, 130 Kilometer sind für manche VfB-Fans aus dem Bodenseeraum Alltag. Zum Beispiel. Geparkt habe ich direkt beim Stadion und konnte so auf dem Weg in die Innenstadt sogleich ein paar Bildchen machen.
Wer in Ulm ist, sollte zumindest mal um das Münster rumgelaufen sein und den Markt besucht haben. Die Innenstadt war richtig belebt, man merkte den Leuten die Erleichterung über die Lockerungen förmlich an. Je weiter es Richtung Münster ging kamen die Maskenträger in Überzahl und um das Ulmer Wahrzeichen herum, hielt sich jeder an die Maskenpflicht. Ich habe noch nie so viele Teststationen auf so engem Raum gesehen, Ulm testet, scheint das Motto. Da am Wochenende die Straßenbahn niggs kostet, fuhr ich zurück bis zum Stadion. Vorbildlich hat das Donaustadion eine eigene Haltestelle mit gleichem Namen, also in Sachen Stadioninfrastruktur hat man zumindest schon mal Drittliganiveau, wenn nicht mehr. Immerhin gehen fast 20.000 Zuschauer rein.
Alle Zuschauer waren auf der Gegentribüne untergebracht, mit Betreten des Geländes herrschte Maskenpflicht, aber auf dem Sitzplatz konnte das Ding abgenommen werden. Endlich. Die paar Zuschauer fielen nicht auf, der Vorplatz vor der Tribüne großzügig und weiträumig. Also an Platz mangelt es in dieser Anlage wirklich nicht.
Das Stadion selbst ist "old school". So kenne ich das noch aus meiner Sturm- und Drangzeit vor dreißig, wenn nicht gar vierzig Jahren. Ein Stadion, das nicht nur Fussball bietet. 1925 war Baubeginn, ein städtisches Stadion musste allen Sportlern zugute kommen, so der Tenor damals. Und so ist es bis heute auch geblieben. Der einjährige Kurzaufenthalt in der Bundesliga brachte kein Umdenken, im Gegenteil. Auch heute noch gibt es viele Leichtathletikwettkämpfe an der Donau. So ist dieser Ground ein tolles Beispiel früherer Fussballpracht, auch in dieser Größenordnung. Zumal die Liga nicht unbedingt ein Umdenken erfordert, zusätzlich kann sich der SSV Ulm finanziell keine großen Sprünge leisten.
Es war der letzte Spieltag und zugleich das letzte Heimspiel. Da werden immer die Abgänge mit rührenden Worten verabschiedet und so war auch diesmal, insgesamt acht Spieler plus Trainer wurden nochmals gelobt und irgendwann war auch das überstanden. Es ging los. Ulm vs. Homburg, das Duell zweier ehemaliger Erstligisten, deren Glanz schon lange verblichen ist. Zumal diese Zeiten schon eine gefühlte Ewigkeit her ist. Ulm konnte sich in der jüngsten Zeit aber als Pokalschreck in Deutschland einen Namen machen, schließlich warf man Frankfurt und Aue aus dem Rennen. Der Sieg im WFV-Pokal sicherte auch 2021/22 eine weitere Teilnahme. Das heutige Spiel hatte keinerlei Auswirkungen mehr auf die Tabelle.
Mit diesem bedeutungslosen Spiel möchte ich mich nicht allzu lange aufhalten. Ulm eifrig und bemüht, mit mehr Spielanteilen, dafür aber zu harmlos vor dem Tor. Homburg gnadenlos effektiv, zwei Patzer reichten zur 0:2 Halbzeitführung, welche auch nach dem Abpfiff noch Bestand hatte. Zum Support: Am Anfang war ich enttäuscht, viele Zuschauer trugen Trikots, hängten Banner auf und machten so den Eindruck, zur "aktiven" Fanszene zu gehören. Durch die Onlinebestellung konnten man aber nicht zumindest in demselben Block sitzen und so war alles irgendwie zerrissen. Bis zum 0:2 war es eher ruhig und dann änderte sich alles. Entweder waren nun die meisten Leute endlich aus dem Coronakoma aufgewacht, oder der Bierpegel stimmte. Spätestens in der zweiten Halbzeit ging es aber los, im Rahmen der Möglichkeiten röhrte man los. Es wurde lauter und man sang das gesamte Liedgut rauf und runter. Klatschen, Singen, Stehen, alles dabei. Unterstützt wurde man vom "Rest" außerhalb, welcher aber vermutlich sogar den harten Kern stellt. Fussballsupport kann so schön sein.
Mit dem Schlußpfiff kam die Mannschaft noch an den Zaun und gemeinsam feierte man Abschied. Abschied von einer äußerst denkwürdigen Saison, Abschied von den Spielern, Abschied hoffentlich auch von Covid-19.
O.k., die Abstandsregeln und so gerieten dann immer mehr in "Vergessenheit", die Polizei zeigte sich aber geduldig und nachsichtig. Irgendwann lief sich die Sache dann aus und jeder trollte sich nach Hause. Zufrieden. Natürlich nicht wegen der Niederlage, sondern mit einem zufriedenem Gefühl. Diese zweite Halbzeit hatte wieder das, was man so lange schon vermisste. Richtigen Support. Auf der Heimfahrt habe ich mir vorgenommen, hier kommste nochmals her. Am besten, wenn Ulm gegen Aalen spielt. Schwabenduell, beide Teams mit traditioneller Fanbase. Wird bestimmt stimmungsvoll. Wenn es machbar ist.
Keep the faith. RaMü