Oschdalbkick, Teil II.
Hallo Bluebloggs,
zuerst hab ich gedacht, ich bin im falschen Film. Da brüllten die rund 200 Hardcorefans des VfR Aalen lauthals "Mäuser raus, Mäuser raus". Zumindest hab ich das im ersten Moment so verstanden, erst das Ausrollen des Banners mit der roten Karte brachte die Erklärung, statt des Herrn Mäuser war Herr Moser gemeint. Egal, alle hielten eine rote Karte hoch und warfen dann die Schnipsel auf das Spielfeld. Der VfR Aalen durchlebt gerade aufregende Zeiten, finanzielle Schwierigkeiten plagen des Verein aus der Ostalb und mit Herrn Moser ist der Sündenbock gefunden. Immerhin ist er Vorstandsmitglied und zugleich bei der Weltfirma Imtech beschäftigt. Imtech war Hauptsponsor und hat nach wirtschaftlichen Schwierigkeiten den Vertrag gekündigt und der VfR Aalen kämpft jetzt um das nackte Überleben. Zumindest ist man schon sportlich gerettet, nach dem 2:1 Heimsieg über Jahn Regensburg sind selbst die rechnerischen Zweifel beseitigt.
Es herrscht also ein rauhes Klima auf der Alb, nicht nur wegen dem Dauerregen an diesem Freitagabend. Rund 6500 Zuschauer kamen trotzdem und bestätigten so den passablen Zuschauerschnitt dieser Saison, nicht schlecht für einen Aufsteiger. Ich kam erst fünfzehn Minuten vor Spielbeginn im malerischen Scholzstadion an, vor den Kassenhäuschen fragte mich jemand, ob ich noch eine Karte bräuchte. Ich bejahte und bekam ein Sitzplatzticket für nur 15.-- statt normale 25.-- €. Erst später stellte ich fest, jemand hat mir eine Freikarte angedreht, egal, zehn Euro trotzdem gespart. Gespart wird beim VfR Aalen auch bei den Verkaufsständen, lange Schlangen auch hier, nicht nur beim VfB. Trotzdem, Aalen ist erfrischend familiär, man kennt sich und unterstützt die Spieler zumeist vorbildlich. Gegner Regensburg brachte immerhin noch 100 Leute mit, für die Gäste war es ja ein weiteres Vorbereitungsspiel für die 3. Liga. Während die VfR-Anhänger wenigstens noch ein improvisiertes Dach über dem Kopf haben, standen die Jahnanhänger buchstäblich im Regen. Das Match war nur mäßig, die Spieler kämpften mit dem klitschnassen Rasen und dem Spielgerät. Aalen war aber ein Tick besser und ging durch Lechleiter in Führung, aber der Jahn glich kurz darauf schon aus. Hübner machte in der Schlußviertelstunde alles klar und so den Klassenerhalt perfekt. Jetzt muß schnell gehandelt werden. Schon wechseln die ersten Spieler und bis Ende Mai muß der Ostalbclub sechs Millionen auftreiben. Zudem müssen im Stadion noch weitere 1.500 Plätze geschaffen werden, Aalen spielte in dieser Saison nur mit einer Sondergenehmigung. Wenn man das Stadionblättle so durchblättert, stellt man fest, daß im Prinzip nur die Profimannschaft die Voraussetzungen des bezahlten Fußballs erfüllt. Die U23 kickt in der Landesliga, da kommt ja fast mein heimischer SV Illingen noch mit. Auch die Jugendteams spielen noch in bescheidenen Ligen, der Unterbau ist noch eine gewaltige Baustelle. Aber wie heißt es doch bei den Schwaben, "Schaffe, schaffe, feschde baua, ond net nach de Mädle schaua", deshalb hat der VfR nicht auch noch eine nennenswerte Damenmannschaft.
RaMü
Bilder: Treuer Jahnanhang / Rote Karte für Herrn Moser / Gesamtansicht der Scholz Arena in Aalen.