Fussball in der Schweiz: Epilog
- Super League / Stadion:
Insgesamt spielen zehn Clubs in der Super League, der höchsten Liga. Davon habe ich im Lauf der Jahre sechs, beziehungsweise sieben besucht. Der FC Thun war zu diesem Zeitpunkt Erstligist, ebenso die Grasshoppers aus Zürich. Alle hatten moderne Grounds, in unterschiedlicher Umgebung. Der St. Jakob Park in Basel hat großstädtisches Flair, die Swissporarena in Luzern ist etwas außerhalb und gediegener. Basel wirkt auf den Betrachter wie eine ausdruckslose Großhalle, Luzern ist optisch nicht zu schlagen. Beim FC St. Gallen kann man unterirdisch parken, in Vaduz genügt der mittlere, herkömmliche Parkplatz gleich daneben. Hier ist das Abstellen des Autos kostenlos, am Letzigrund in Zürich sind die öffentlichen Verkehrsmittel eindeutig die bessere Wahl. Also in Sachen Stadion sind die Schweizer Clubs auf jeden Fall gut aufgestellt.
- Super League / Zuschauer & Stimmung:
Tja, das ist so eine Sache. Jeder Fan ist da von seinem eigenen Club überzeugt und dementsprechend launig sind dann die Kommentare bei "neutralen" Spielen. In Sachen Zuschauerschnitt ist die Sache einfach. Bei einer Einwohnerzahl von 8,6 Millionen kann der Schnitt niemals mit den europäischen Topligen mithalten. Das geht schlichtweg nicht. In der letzten kompletten Saison vor Corona, also 2018/19 waren die Young Boys Bern Spitzenreiter mit 26.000 Zuschauern pro Match im Meisterjahr. Das Schlußlicht bildete der FC Lugano mit 3.500 Besuchern. Selbst der Rekordmeister Grasshopper Zürich hatte mit 5.500 kaum merklich mehr. Die Spitze bilden daher Bern und Basel, und dann kommt der Fall nach unten, der FC St. Gallen begrüßte rund 12.000 Leute in seiner Arena. Die Stimmung ist bei den Großclubs ähnlich wie in Deutschland "organisiert". Es gibt kaum noch spontanen Support, alles wirkt wie gesteuert. Der kaum unterbundene Einsatz von Pyrotechnik verstärkt allerdings die Optik und das macht zumindest bei Spielbeginn schon was her. Sonst hat man vieles mit dem großen Nachbarn aus Deutschland gemeinsam. Nur ab und zu kommen dann regionale Eigenarten zum Zug, wenn in Bern etwa die letzte Viertelstunde mit einem Lied eingeleitet wird. War die Schweiz vor zwei Jahrzehnten in Sachen Fankultur noch etwas beschaulich, so hat sich das doch geändert. Zwischenzeitlich hat es schon mehrere gewalttätige Ausschreitungen gegeben und die Stimmung wurde aggressiver. Auch da nähert man sich an.
- Challenge League / Stadion:
In der aktuellen Saison in der zweiten Liga der Schweiz tummelt sich mit dem Grasshopper Club ein wahrer Gigant im ansonsten seichten Wasser. Der Rekordmeister ist das Zugpferd und verleiht der ansonsten farblosen Liga Glanz und Farbenpracht. Alle anderen Vereine sind außerhalb der Landesgrenzen kaum bekannt, da müsste man sich schon intensiv damit befassen, um Vereine wie Lausanne Ouchy oder Kriens zu kennen. Lediglich Thun hebt sich noch etwas ab. Hier kenne ich ebenfalls sechs Stadien, also mehr als die Hälfte. Über den Letzigrund in Zürich brauche ich nicht viel zu erzählen, Schwamm drüber. Der hat eh irgendwann als Fussballstadion ausgedient. Die kompaktetsten Stadion stehen in Schaffhausen und in Thun. Ein wahre Freude für Fussballromantiker sind die echt kultigen "Dinger" des FC Aarau und Winterthur. Hier wird das Unfertige, Nichtperfekte geradezu zelebriert. Da distanziert man sich wohltuend vom Rest, und das mit Absicht. Und das wird auch noch ein Weilchen so bleiben. Zumindest in Aarau wurde der Neubau um mehrere Jahre verschoben und Winterthur plant sowieso keine Umbauten.
- Challenge League / Zuschauer & Stimmung:
Hier ist schon ein gewaltiger Unterschied zu Deutschland zu registrieren. Selbst Meister Servette Genf konnte im Meisterjahr 2018/19 ( letzte komplette Saison vor Corona ) nicht mehr als 5.000 Zuschauer begrüßen. Am trostlosesten dürfte es in Schaffhausen sein, in der wirklich kompakten und modernen Arena verloren sich nur 1.200 Leute im Schnitt. Da muss schon nach dem Sinn dieses Neubaus gefragt werden. Was nützen mir tolle Logen und aller Komfort, wenn fast niemand es nutzen möchte? In Thun war bei meinem Besuch ein Stimmungsboykott, warum auch immer. Meine zwei schon erwähnten Kultclubs dagegen wissen mit ursprünglicher Atmosphäre und Drumherum zu überzeugen. Zwar gibt es auch eine organisierte Fanszene, aber bei weitem nicht in diesem Umfang. Fussball wie er sein sollte. Zumal beide Vereine noch gut erreichbar vom Bodensee aus sind.
- Drumherum:
Wenn man sich mit der Schweiz beschäftigt, muss man sich auch mit mehreren Sprachen beschäftigen. Schließlich besteht die Schweizer Eidgenossenschaft aus insgesamt vier Sprachräumen: deutsch, französisch, italienisch und rätoromanisch. Das sind zugleich auch die jeweiligen Amtssprachen und Umgangssprachen. Deshalb beziehen sich meine Erkenntnisse bislang nur auf den gößten Teil, der deutschsprachigen Schweiz. Bei meinem ersten Trip nach Basel wurde Gast Servette Genf auf französisch begrüßt, die Auswärtsfahrten in die Romandie und das Tessin haben den Flair von Europapokalspielen. Die Rivalität innerhalb der Sprachgruppen ist ohne Zweifel da, immer wieder gibt es zaghafte Versuche von einer Loslösung aus der "Schwurgemeinschaft". Das spiegelt sich auch im Fussball wieder. Natürlich.
Nun noch zu einem banalen Thema, oder doch nicht! Falsch, zu einem ganz wichtigen Thema, der Stadionverpflegung. Im Prinzip ist es dasselbe Angebot wie in Deutschland, heißt halt ab und zu anders. An was ich mich noch nicht gewöhnt habe ist die Tatsache, dass es die Wurst in einer Tüte verpackt gibt und es kein Brötchen dazu. Höchstens eine Scheibe Brot und da muss man noch nachfragen. Die Preise liegen schon deutlich über dem deutschen Niveau. Für eine allerdings größere Bratwurst, oder Klopfer oder ähnlich, berappt man im wahrsten Sinnes des Worte mehr. 1,50 € mehr sind schon deutlich, umgerechnet. Diese unglückseligen Bezahlkarten sind mir in Basel und St. Gallen begegnet, seither nicht. Aber, es kann sich seit dem letzten Besuch auch geändert haben.
- Fazit:
Für neutrale Fussballfreunde ist die Schweiz eine tolle Abwechslung. Zwar sind die Besuche im Schnitt doch etwas teurer, aber man wird entschädigt durch einen entspannenden Stadionbesuch, ansehnlichen Fussball und eine zum Teil atemberaubende Landschaft. Gewöhnungsbedürftig sind zum Teil die Kunstrasen und das manchmal überdrehte Polizeiaufgebot. Ansonsten, Grüezi mitanand.
- Weitere Pläne:
Also jetzt wird es anspruchsvoll. Von jetzt an ist eine Tagestour kaum noch machbar. im deutschsprachigen Teil "fehlt" mir nur noch der SC Kriens in Luzern. Dann muss man schon weiter in die "Welschschweiz", also in den französischsprachigen Raum oder zumindest in die Randgebiete. In Sitten / Sion oder in Neuenburg / Neuchâtel kommt man noch mit Deutsch durch, dann ist Ebbe. In Genf oder Lausanne ist ausschließlich französisch angesagt. Am meisten Umstände würde ein Trip nach Lugano machen. Das wär doch was, italienische Lebensfreude in der Schweiz. Und kein Wort verstehen!
So sieht also meine "Restschweiz" aus. In Luzern fehlt noch der SC Kriens und dann wird es sprachlich schon komplizierter. Muss man oder nicht!