RaMuesWeltHistory # 13

 
Hallo Bloggs.
 
Wir nähern uns nun langsam, aber sicher dem Ende meiner History Serie. Natürlich gibt aus den Anfängen meiner "Supporterkarriere" noch viel mehr Erinnerungen und Erlebnisse, welche leider selten mit Fotos belegt werden können. Aber ab und zu gibt dann doch Beweise, etwas Eintrittskarten oder Programmes. Natürlich könnte man das zum Teil auch heute bei E-bay ersteigern, aber in diesem Fall muss man mir die Sache halt glauben.
Dieses Ticket oben ist der Beweis für das "Ground sharing" des Selhurst Park. Als Heimstätte von Crystal Palace war es aber über eine gewisse Zeit auch die Heimat von Charlton Athletic und Wimbledon. Speziell Wimbledon war lange Jahre im Selhurst Park. Man betrachte das Ticket genauer. Alles orginal Palace, nur das Aufgedruckte war dann Wimbledon. Damals spielte die "crazy gang" noch erste Liga und hatte sich den Ruf einer fürchterlichen Klopfertruppe mit dem altmodischen "kick and rush" erworben. Die Eintrittspreise waren vor zwanzig Jahren schon in etwa gleich, nur der entscheidende Wechselkurs höher.
 
 
Mit das größte Erlebnis war eine Auswärtsfahrt mit Chelsea. Die "Blues" spielten im April 1984 beim Tabellensechzehnten in Portsmouth um den Aufstieg in die First Division und ein Sieg hätte die vorzeitige Meisterschaft gebracht. Chelsea führte schon 0:2, aber durch zwei Tore der Hausherren reichte es nur zu einen Unentschieden. Dadurch wurde die Meisterschaft vertagt und die Londoner konnten sich  erst durch vier Ligasiege in Serie gerade noch über das bessere Torverhältnis den ersten Platz sichern.
Die Reaktion auf den Rängen nach dem Schlußpfiff war deutlich. Man randalierte, auf den Sitzplatzbereichen wurden Holzstühle zerlegt und auf dem Marsch zum Bahnhof sogar Fahrzeuge zerkratzt und umgeworfen. So etwas habe ich weder davor und danach erlebt. Während wir auf der Hinfahrt mit einem viel früheren fahrplanmäßigen Zug gefahren waren, hatten wir nun aufgrund der aufgeheizten Stimmung keine Chance, den Haufen zu verlassen. Wir sprachen kein Wort Deutsch und mussten mit. Mitgegangen, mitgefangen ... Und so wurden auch wir einfach mit den Chelseafans in den Zug gedrängt und abgeschoben. Es war die längste 70minütige Zugfahrt meines Lebens. Immerhin hatten wir einen Sitzplatz und so wir bibberten wir uns der Hauptstadt entgegen.
 
 
Der Auswärtsstehblock der Chelsefans. Wir hatten Sitzplatz, allerdings flogen vom Oberrang nach dem Schlußpfiff Holzteile runter. Auf uns und auf den Platz. Es war die "große" Zeit der englischen Hooligans und Chelsea bildete dabei unter anderem die "Speerspitze".
 
 
Natürlich gab es noch weitere Stadionbesuche auf der Insel. Es waren aufregende Zeiten und jede Möglichkeit wurde zu einem Trip in das Mutterland des Fussballs genutzt. Meistens fuhren wir mit dem Auto, bis Calais und dann die Fähre nach Dover und von dort aus weiter. Erstes Ziel war eigentlich immer London. Da die Mitfahrer wechselten, musste man öfters verständlicherweise den Fremdenführer spielen und die Londoner Clubs waren am einfachsten zu erreichen. Fahrten in den Norden kamen später und dann waren wir nur noch zwei, drei Leute. Keine "Touristen" mehr, sondern echte Englandfreaks. In Liverpool war ich dann noch ein Mal, gegen Leicester. Davon gibt es sogar noch Bilder.
 
 
Im Gegensatz zum Match gegen Stoke reichte es diemal nur einem Stehplatz. Der Kauf eines Stadionheftes war Pflicht.
 
 
Zurück nach London. Mein "erster" englischer Club war Chelsea. War aber klar, schließlich war das erste Spiel auf der Insel ein Heimspiel an der Stamford Bridge. Diese heruntergekommene Kaschemme hatte überhaupt nichts mit unseren Vorstellungen des englischen Fussballs zu tun, erst der große Umbau 2000 ermöglichte eine komplette Überdachung. Trotzdem, Chelsea war für eine gewisse Zeit mein Lieblingsclub, erst im April 1982 in der Maine Road entdeckte ich mit Manchester Ciry meinen "wirklichen" Club. Trotzdem sind mir mit gewissen Ausnahmen fast alle Vereine auf der Insel "lieb", liebe ich doch noch immer Pies, Fish & Chips und das Ale. Die Stadien in London haben wir in diesen Jahren mehrmals abgeklappert, die Veränderungen später habe ich aufgrund einer gewissen Pause nicht mehr so richtig mitgekriegt.
Vorenthalten will ich auch das Highbury des FC Arsenal nicht. Die "Gunners" gehören nicht unbedingt zu meinen Lieblingen, aber der Ground hatte echte Klasse. Englisch, durch und durch. Die heutigen Arenen sind zwar modisch schick, aber sonst? Kein Beat, keine Seele, aalglatt.
 
 
Die Tribüne erkennt jeder wieder, der mal im Highbury war. Die Stehplatztribüne daneben wurde später abgerissen und durch einen Neubau mit Sitzplätzen ersetzt. Überhaupt wurden in Engalnd die Grounds viel öfters als in Deutschland erweitert. Irgendwas konnte immer vergrößert werden. Der wirtschaftliche Druck war groß, mehr Zuschauer = mehr Geld. Damals, vor dem TV-Boom stimmt diese Rechnung noch. Bei einer Führung durch das Etihad Stadium von ManCITY erklärte man uns, selbst eine ausverkaufte Maine Road / altes Stadion bis 2003 brachte den "Citizens" keinen Gewinn. Die Gehälter und Ablösessummen explodierten, die TV-Einnahmen wurden das Maß der Dinge. 
Innerhalb Londons fuhr man bekanntlich mit der Tube, natürlich gab es auch da noch die British Rail, ähnlich der Deutschen Bahn. Diese British Rail gibt es schon lange nicht mehr, der Staatskonzern wurde zerlegt und verkauft. Heute gibt es zahlreiche Privatbahnen, welche sich um die Passagiere streiten. Seltsamerweise gibt es weniger Verspätungen als im ach so hoch gelobten Deutschland. Das kann ich bestätigen, ich reise schließlich kreuz und quer durch England. Wenn ich darf.
 
 
Wie immer auch die Abstimmung vor sich ging, es ist nachvollziehbar. Zumindest in Sachen Pünktlichkeit. Dieses Bild habe ich im Bahnhof von Derby aufgenommen. Ist schon drei Jahre her, dürfte aber immer noch gelten. Gehen wir aber wieder vierzig Jahre zurück. In dieser Zeit gab es die Fahrkarte noch am Schalter. Brav stand man an und bezahlte bar. Reservierungen gab es nicht. Die Fahrkarte war noch ein echtes Stück Pappe, klein und daher handlich. Eine feste Pappe daher, weil der Schaffner mit einer Zange die Kontrolle bezeugte. Aha.
 
 
Eine Fahrkarte vom 30. Dezember 1981. Charlton Athletic vs. Norwich stand auf dem Programm, First Division. Manche Sachen vergiß man selten.
Von der Insel runter hören die Erinnerungen logischerweise nicht auf. Wenn man in Sichtweise des vorgezogenen Renteneintritts ist, hat man in Sachen VfB natürlich eine gewisse Geschichte. Dazu gehört der Aufstieg in Trier 1977 dazu, mein "ersrer Titel". Noch dazu als "Jungspund". Das Auswärtsspiel in Bremen 1984, als der VfB mit 1:2 gewann und sich vor dem letzten Spieltag quasi schon den Meistertitel sicherte. Und, und, und. International war man auch. Mit Schrecken erinnere ich mich wie wir in Prag ausgerechnet am 06. Dezember 1978 von den Tschechen durch die U-Bahnhöfe und die Züge geprügelt wurden. Keine Chance. Das Zittern in Zagreb, als wir nach dem Spiel 1988 von aufgebrachten Dinamofans gesucht wurden und uns dann in einem noblen Restaurant "verstecken" mussten. Ich vergesse nie die aufwendigen Grenzkontrollen an der tschechischen Grenze 1986, mit Hunden und mit vorgehaltener Kalaschnikow AK 47 / russisches Sturmgewehr hielten uns die Grenzer in Schach. Da war nichts mit großer Schnauze und so. Schin in den Kleinstädtchen war es mulmig. Die Jungs der Gegenseite schauten nach den "Faschisti". Und so reihen sich Städte an Städte, San Sebastian, Tatabanya, Györ, Brügge, Leeds, Bern, Genk. Und, und, und. Es gibt noch viel mehr, aber das ist nur in meinem Kopf drinne. Bilder gibt es leider keine.
Zum Abschluß noch eine kleine Story. Wir vier fuhren mit der Bahn nach Liverpool. Wir waren jung und frech. Irgendwo stiegen vier furchtbar Alte mit Liverpoolschals zu. Sie scherzten, packten ihr Bier aus und spielten Karten. Wir amüsierten uns und meinten, enden wir auch so? Zwischenzeitlich sind fast vierzig Jahre vergangen, von den vier "Scousern" dürfte vermutlich fast keiner mehr am Leben sein. Schließlich waren die geschätzte fünfzig, fünfundfünfzig Jahre alt. Also furchtbar alt, in unseren Augen damals. Heute belächeln uns die heutigen Jungen, aber das ist mir / uns egal. Alles hat seine Zeit und wir haben unsere genossen! Siehe RaMuesHistory von vorne bis hinten.
 
Keep the faith
RaMü
 
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