Football League Yearbook 1987/88

  Hallo Bloggs,

es war im Sommer 1987. RaMü tourte irgendwo auf der Insel rum und besuchte Football Grounds. Das Zeitalter des Internets war noch in weiter Ferne, ebenso die Wiedervereingung Deutschlands. Everton war gerade mit neun Punkten Vorsprung englischer Meister geworden, Leicester, Aston Villa und ManCITY abgestiegen. Englands erste vier Liegen waren noch in First Division, Second Divison usw. aufgegliedert und niemand dachte an Petrodollars oder amerikanische Investoren. Englands Fussballfans blieben unter sich, nach der Katastrophe von Hysel waren die britischen Spitzenvereine von den internationalen Wettbewerben ausgeschlossen. Trotzdem faszinierte die englische Fussballfankultur damals den gesamten europäischen Rest und Reisen in das Mutterland des Fussballs gerieten zur Pflicht. Speziell über Weihnachten und Ostern.

Um an einem Spielplan zu gelangen gab es mehrere Möglichkeiten. Man schrieb an den jeweiligen Verein und bat um eine Fixture List der gesamten Saison. So nach ungefähr zwei Wochen hatte man den begehrten Spielplan in der Hand (!). Manchmal fuhr man noch nach Stuttgart, da gab es im damaligen Hauptbahnhof ein Kiosk, welcher auch internationale Sportmagazine verkaufte. Das MATCH war das englische Gegenstück zum deutschen KICKER und bot allerhand Einblicke in den Fussball der Insel. Umständlich, aber irgendwie Kult und gelebte, echte Tradition. Heute nicht mehr vorstellbar.

Auf jeden Fall habe ich mir auf einer Reise damals das aktuelle Yearbook geleistet, es kostete damals 6.50 britische Pfund, das entsprach einer Sitzplatzkarte bei irgendeinem Topclub. Auf insgesamt 256 Seiten waren alle 92 Vereine der vier Divisionen aufgelistet und es machte großen Spaß darin zu blättern.

Natürlich habe ich die Seite von Manchester City stellvertretend gescannt. Der "frischgebackene" Zweitligist war zwei Seiten wert, nicht mehr und auch nicht unbedingt weniger als die meisten anderen Vereine Englands. Für mich persönlich war der Lageplan des jeweiligen Stadions das Wichtigste im gesamten Buch. Meistens klappte die Orientierung ganz gut, der Anblick der übergroßen Masten beherrschte meistens das Stadtblid, oder zumindest des Stadtteils. Aber trotzdem, ein Lageplan war nie ganz verkehrt. Der Text ist für mich herausragend. Für die jüngeren Leser zeigt er doch überdeutlich, ManCITY ist eindeutig mehr als der Scheichclub von heute. ManCITY ist ein fester Bestandteil der englischen Fussballgeschichte, in allen Höhen und Tiefen. Beeindruckend ist natürlich der erste Satz, "einer der best unterstützten Vereine des Landes". Das geht runter wie Öl. Man lese weiter: "loyal hard-core of support". Junge, Junge. Zudem wird ein Großteil der Zeilen der Jugendarbeit gewidmet, das findet man auch nicht überall. Zugleich kommt Wehmut auf, denn der Ground war damals das Maine Road, ein altehrwüriger Fussballtempel mit allen Klischees, es kommen einem die Tränen.

Natürlich gibt es auch unbekannte Clubs in diesem Buch. Tranmere Rovers, York City, der alte FC Wimbledon, Stockport County, Hereford United oder Darlington. Die spielen nun alle in unteren Ligen, sind in der Masse der "Grassroots Clubs" aufgegangen oder existieren schon gar nicht mehr, so wer der FC Darlington.

1883 gegründet und 2012 aufgelöst. Das ist die Geschichte der "Quakers" aus der Grafschaft Durham. Geografisch liegt man bei Middlesborough und die jüngere Vergangenheit zeigt all die Fehler, welche im Fussball typisch sind. Irgendwann gelang der Sprung in den "bezahlten" Fussball der vierten Division und gar noch höher. Man baute eine Arena für die Ansprüche der höchsten Liga und ging so letztlich den Bach runter. Heute gibt es den Verein gar nicht mehr und der FC Darlington findet sich zum Beispiel nur noch im Yearbook 1987/88 wieder. PS: Man beachte die paar Zuschauer auf dem Bild mit der alten Holztribüne, Tradition meets Cult. Beste Info: Street parking in adjacent streets.

Tja, die Zeiten sind längst vergangen, aber nicht vergessen. Heute hat die diese seltsame Ultrakultur das Zepter übernommen, manchmal sehr zum Nachteil, aber oftmals auch Vorteil des Publikums. Trotzdem, die Insel ist und bleibt meine zweite Liebe. Das lasse ich mir trotz der zum teil schlechten Stimmung auf den Rängen und den Wahnsinnssummen der Investoren nicht mehr nehmen. Das bleibt.

PS: Das war eine "heimliche" Liebeserklärung an vergangene Zeiten und eine Erinnerung an meine alten und heutigen Kumpels.

Keep the faith

RaMü

Ganz zum Schluss:

Seit der Saison 2012/13 liegt das alte Millmoor von Rotherham United im Tiefschlaf. Es ging eine weitere Tradition nach über hundert Jahren zu Ende. Vermutlich wird es mal abgerissen und Häuser oder ein Supermarkt dürfte entstehen. Wie so oft.