Die rote Endloswarteschleife

Hallo Bloggs,

beim VfB komme ich mir zuweilen vor, wie bei einem großen deutschen Kommunikationsunternehmen. Man wählt die Nummer mit den Auswärtspunkten und die monotone, aber freundliche Frauenstimme trällert irgendwas von "Please hold the line, bitte warten sie ...." und dann hängt man drin, in der Warteschleife des VfB Stuttgart. Man wartet und wartet und wird immer wieder vertröstet. Irgendwann wird es einem zu bunt und man drückt verärgert den roten Knopf oder toucht,  welch ein Wort sich weg. Im Moment warete ich noch.

Beim Gastspiel in Hamburg waren die Vorzeichen nicht mal so übel. Die Gastgeber in mieser Laune und Punktausbeute, der VfB konnte sich in den letzten beiden Spielen gar als kleine Torfabrik präsentieren und irgendwann gewinnt auch der Schwabenstolz mal in der Fremde, so die Überlegungen. Meine Prognose war: Bei einer weiteren Niederlage des HSV trennen die sich von Gisdol, die weiteren Begegnungen in Schalke und zuhause gegen Hoffe verschärfen die Situation und zumindest bis zur Winterpause hätte der VfB eine Konkurrenten weit hinter sich gelassen. Aber der VfB spielt weiterhin den vorgezogenen Weihnachtsmann, selbstlos überlässt man den braven und biederen Gastgeber die mitgebrachten Präsente in Form von drei Zählern.

Die erste Halbzeit hatte drei entscheidende Highlights. In der dritten Minute vergab Sturmtank Ginczek das 0:1, in der dreizehnten Spieliminute folgte die unberechtigte Ampelkarte gegen Stuttgarts Burnic und die Krönung schließlich sieben Zeigerumdrehungen später. Gästeschlussmann Zieler leistete sich einen Luxusfehler zum 1:0 für den Hausherren und damit war die Partie eigentlich schon gelaufen. Der VfB verfügt einfach nicht über die nötige Klasse um in Unterzahl auswärts zu bestehen, selbst bei einem angezählten HSV. Die Norddeutschen mussten lediglich auf Fehler warten und scheiterten mehrmals eben an Zieler. Die beste Phase des VfB folgte nach dem Pausentee, die Körpersprache war entschlossener und die Aktionen zwingender. Aber, erneut brachte die Technik die vermeintliche Wende, ein Handspiel wurde erst vom Videoschiedsrichter erkannt. Ginczek knallte das Leder humorlos ins Netz, 1:1. Nun war man am Drücker, für zehn Minuten. Ein Hamburger Doppelschlag beendete die Auswärtsträume und ließ tief in die Realität der Stuttgarter blicken, wir warten halt weiterhin auf wenigstens ein kleines Erfolgserlebnis in Form einer Nichtniederlage. Das wäre dann zumindest ein Punkt.

Normalerweise kritisiere ich keine Spieler, dafür sind Trainer, Medien und andere Fans zuständig. Aber diesmal hänge ich mich raus. Zutiefst enttäuscht war ich von den Spielern Beck und Aogo. Beide Spieler wurden verpflichtet, um dem Team mit ihrer Erfahrung und Routine zu helfen, um den jüngeren Teamkollegen mehr Halt und Sicherheit zu geben. Beide wirken nicht austrainiert, beide sind weder Anker noch Leuchtfeuer, beide laufen irgendwie halt mit. Wie gesagt, meine Meinung. 

In einem Punkt muss ich aber den VfB leidenschaftlich verteidigen. So einfach wie der SC Freiburg in der Vorwoche hat sich der Brustring nicht ergeben. Trotz der Unterzahl versuchte man weiterhin ziemlich hoch zu stehen und zu pressen. Da war deutlich mehr Spannung und Leben im Team, das Vertrauen in das eigene Können ist schon da, hier ist man auf jeden Fall weiter als unsere Sportsfreunde aus Südbaden. Dazu stehe ich.

Zum Support in Hamburg. Es gibt wohl kaum ein attraktiveres Städtereiseziel als Hamburg, vielleicht noch Berlin. Das sieht und vor allen Dingen hört man. Wir hatten Tickets in Block 14c, also im oberen Sitzplatzbereich. Die akkustische Support vom Commando wurde durch den Zwischenrang geschluckt und oben, tja oben waren die roten VfB-Touristen. Da kommt man dann mit Kind und Kegel, mit Ehefrau oder Freundin. Die stehen oder sitzen zumeist höchst verwundert im Ground und lauschen verwirrt dem Geschehen. Sind halt auch dabei. Zudem hauen oftmals diverse Kegelclubs ihre Kasse auf den Kopf und fahren an die Elbe. Über Beziehungen kommt man an die Karten und dann geht man halt auch ins Stadion. Der Versand von Stimmungsfilmchen und Selfies während des Matches wird zur Hauptsache und als mein Nebenmann mich nach dem versenkten Elfer fragte "Gell, des war der Terrode ??!", da war für mich der Ofen aus. Dann lieber nur 1.500, die rocken, als die 3.500 von Hamburg. Freue mich auf Hannover.

Unser Reiseablauf: Es war eine klassische Matchreise. 7:50 Uhr in den Zug rein, Hamburg-Altona um 13:50 Uhr an. Über die S-Bahn nach Stellingen und nach dem Kick ähnlich zurück. Zuhause waren wir dann um 3:07 Uhr, der Aufenthalt in Hamburg dauerte somit ziemlich genau sechs Stunden. Genug Zeit für eine Niederlage, eine Bratwurst mit Fischbrötchen, eine Ente Mandarin und diverse Getränke. Der Reisepreis mit 51,50 € war unschlagbar. Das haben wir aber auch gemerkt, speziell die beide Züge zurück waren gerammelt voll. In Frankfurt mussten wir am Flughafen umsteigen und das Geld für eine Sitzplatzreservierung war sehr gut angelegt. Unglaublich, was sich in der Nacht in Deutschlands Zügen so alles bewegt.

Zja, somit hängen wir also weiterhin in der Endloswarteschleife namens Auswärtspunkte. Ich bleibe dran, zumindest noch in Hannover. Bremen ist gestrichen, drei Fahrten in den Norden innerhalb von vier Wochen mache ich nicht. Zumal ich in der kompletten Woche vor dem Trip an die Weser in England bin. Hoffentlich ist bis dahin der Auswärtsfluch gebannt.

Impressionen ohne Blabla:


Keep the faith.

RaMü