Das Urteil

  Hallo Bloggs.
 
"Alle gschmierd", so wurde ich am Dienstagmorgen empfangen. Noch bevor ich meinen Arbeitsplatz erreicht habe. Die Empörung ist groß und alle Welt hat es eh gewußt, Geld regiert die Welt und an die "Großkopfeten" kommt man eh nicht ran. Natürlich war unter den Fussballfans das Urteil der CAS das alles beherrschende Thema, die Aufhebung der zweijährigen Sperre wird als große Ungerechtigkeit empfunden und bestätigte wohl alle Vorurteile.
Zunächst meine eigene Meinung. Ich war selbst überrascht. Ich hatte zwar mit einer Reduzierung der Sperre auf nur eine Saison gerechnet, ein Einspruch bringt fast immer was, aber dann noch ein Absenken der Geldsttrafe? Zumindest in diesem Fall hätte ich als CAS auf den Betrag von dreißig Millionen bestanden, so sieht es eher nach Bearbeitungsgebühr aus.
Weitere Einschätzung: Also irgendwie scheint die ganze Sache doch nicht ganz so hieb- und stichfest gewesen zu sein. Denn sonst hätte dieses Gremium aus drei Personen der UEFA Recht gegeben. Oder zumindest die Geldstrafe beibehalten und immerhin eine Saison ausgeschlossen. Natürlich sieht das jetzt so aus, als ob man ungestraft durchs Leben kommt. Vermutlich schreien gefühlte 98% der deutschen Fussballfans auf und sehen den Fortbestand "ihres" Sportes bedroht. Aber da muss man schon viel weiter rückblicken. Es gab Zeiten, da war Italien das Fussballmekka und deutsche Nationalspieler wanderten in Scharen über den Brenner, so auch z. B. Hansi Müller. Damals waren die Lire noch die Währung der Kicker, heute sind es Pfund. Es gab dann rund fünf Jahre in Europa, da beherrschten russische Clubs zumindest den damaligen UEFA-Cup, die Pertrorubel machten den sportlichen Aufschwung möglich. Die spanischen Giganten können seit Jahrzehnten im Prinzip ohne große Behelligung Schuldenberge auftürmen, ohne dass es jemand juckt. Barcelona und Real Madrid haben halt aufgrund ihrer wirklich glorreichen Geschichte einen viel besseren Namen. Da möchte man einen finanzstarken Neuling nicht im eigenen Revier sehen.
ManCITY wurde ja schon bestraft, damals 2016. Seither hat man sich auf jeden Fall bei den Ausgaben für Spielertransfers eingeschränkt. Es wurden "nur" immer ungefähr 100 Millionen ausgegeben. Diese Zahl ist natürlich für Fussballromantiker wie ein Peitschenhieb, aber es entspricht dem Marktwert und den Umsätzen. So wurde im letzten Sommer Abwehrspieler Maguire von Leicester City nicht verpflichtet, weil die Summe mit diversen anderen Einkäufen eben erreicht war. Obwohl Guardiola dringend noch einen Innenverteidiger verpflichten wollte.
Zudem ist jeden Krimifan klar, das "Hacken" von E-Mailkonten selbst ist ein Strafbestand und die so ermittelten Beweise vor Gericht ungültig. Ist zwar manchmal blöd, ist aber so.
So ungerecht ist die Welt. Die einen Clubs jonglieren ihre Zahlen so, dass die Schuldenlast irgendwie überschaubar scheint und andere Vereine haben so viel Geld, dass sie nicht wissen, wie ordnungsgemäß verbuchen. Was die Coronakrise auch gezeigt hat, die Zukunft wird sogenannte eigentümergeführte Vereine immer mehr im Vorteil sehen, bei den Traditionsclubs wird es nach ein, zwei Monaten ohne Spielbetrieb schon eng, siehe Schalke. Dass diese Entwicklung nicht poitiv ist, steht wohl außer Frage. Da gebe ich jedem Fan recht. Aber wer fragt auf der Welt schon nach dem Fan? In den letzten dreißig, vierzig Jahren hat sich unser Fussball eben in diese Richtung entwickelt und irgendwie drehen wir alle am Rad mit. Oder wir bleiben alle im trauten Heim und schauen uns eine Tiersendung an. Aber auch da werden die Schwachen von den Stärkeren gefressen, nicht mal da gibt es Gerechtigkeit.
 
Keep the faith
RaMü