MLS, Sounders und mehr

  Hallo Bloggs,

mit zwei besuchten Spiele bin ich bestimmt noch kein Experte des amerikanischen Soccer, aber ein bisschen bleibt halt doch immer hängen. Vor zwei Jahren war ich bei den Portland Timbers, jetzt bei den Sounders. Beide Städte liegen im Nordwesten der USA und sind lediglich drei Autostunden voneinander entfernt. Das sorgt für eine intensive Rivalität, die auch ausgelebt wird. Bei den Derbys kommt es zu regelmäßigen Polizeieinsätzen, im amerikanischen Sport sind solche Dinge in Fanlagern bislang eher unbekannt.

Zu den Vereinsnamen. Wie bekannt, ist die MLS, Major League Soccer eine in sich geschlossene Gesellschaft, es gibt keine sportlichen Auf- oder gar Absteiger. Man gründet einen Club und beantragt eine Aufnahme, wird diese beschlossen, geht es "nur" noch um die Zugehörigkeit. Spiele ich in der Western, oder in der Eastern Conference. Aufgrund der Entfernungen macht das Sinn, in der Regel wird eh geflogen.

Die Seattle Sounders gibt es seit 1984, sind also schon beim ersten Versuch eine Soccerliga zu installieren, dabei gewesen. In gewissem Sinne also ein Traditionsverein. Man möge mir in Europa verzeihen !!! Da Seattle nicht unmittelbar am Pazifik liegt, sondern am Puget Sound, einer großen Bucht mit vielen Inseln, ist der Name in Ordnung. Auch hier versucht man, einen Bezug zur Stadt herzustellen. Die Vereinsfarben sind blau und grün, blau steht für das Wasser des Puget Sounds und das Grün für die Bäume, welche einen Großteil des "Evergreen State" bedecken.

In den Zeitungen spielt der Soccer immer noch eine Nebenrolle. Am Tag nach dem Spiel stöberte ich in der "Seattle Sunday Times". Im Sportteil kam man erst auf der Seite C12, das Champions League Endspiel war sogar noch nur auf Seite elf zu finden. In den News haben immer noch die NFL, Baseball, Autosport und Basketball immer noch den Vorrang. 

Dabei sind die Zuschauerzahlen zumindest in Seattle doch beträchtlich. Rund 40.000 kommen im Schnitt zu den Sounders. Damit ist man auf Rang zwei, Spitzenreiter ist Atlanta United mit 60.000. Die spielen in der nagelneuen reinen Soccerarena, welche .... Mercedes Benz Stadium heißt. Da wäre doch mal ein Vorbereitungsspiel für den VfB! Zumal man mit der Airline United eine Direktverbindung ab Stuttgart hat, aber lassen wir das. Schlußlicht in der Zuschauertabelle ist ausgerechnet die Hauptstadt Washington DC, da wollen nur 9.000 die Spiele sehen.

Aufpassen muss man mit den Spielzeiten. Zunächst war das Match auf 1.00 PM angesetzt, wurde dann auf 2.00 Uhr verschoben. Erschrocken bin ich beim Lesen der USA Today, da stand urplötzlich 6.00 PM, also 18.00 Uhr. Kurz danach aufatmen, hier sind alle Paarungen in der ET, der Eastern Time abgedruckt. Vier Stunden Zeitverschiebung zur Westküste, passt. Daher am besten immer in der lokalen Presse oder auf der Webside des Heimvereines nachschauen. Sicher ist sicher.

Dies gilt auch die Paarungen. Der Auswärtsgegner steht immer zuerst da. Also in meinem Fall hieß es: Real Salt Lake at Seattle Sounders. Dasselbe Prinzip gilt auch für die Resultate, zumindest für die Printmedien. Auch die Auflistung der Statistik ist zunächst verwirrend. Da braucht man schon eine geraume Zeit, um den sich den Durchblick zu verschaffen, siehe Zeitungsauszug rechts unten.

Zu den Preisen. Die sind erschreckend hoch, in Europa wäre alles auf die Barrikaden gegangen. Der günstigste Sitzplatz kostete jeweils rund 35.-- €, umgerechnet. Bei den Timbers wie bei den Sounders. Dasselbe gilt auch im Stadion. Zunächst überrascht das Angebot, man glaubt sich im Gourmettempel. Allein in Seattle gibt es rund dreißg verschiedene Sorten im Stadion. Natürlich sind die meisten Biere in Flaschen abgefüllt, aber immerhin. Darunter gibt es obskure Namen wie, Arrogant Bastard oder Snoqualmie Kolsch. Der Nordwesten der USA quillt über mit sogenannten Microbreweries und das merkt man überall. Allerdings ist der Genuss kein billiges Vergnügen, unter 6.-- € geht gar nichts. Zudem gibt es noch eine Wine Bar. Es sieht zwar etwas kühl aus, so inmitten der Betonpfleiler, aber was solls?

Auch das Essen zehrt man Geldbeutel. Ich genehmigte mir einen "Seattle Dog". Für 7.-- € gab es einen lumpigen Hot Dog mit Zwiebel überhäuft, das war es. Der normale Hamburger kostet 10.-- USD, man ziehe einfach ungefähr 20 % ab. Da wird der Familienausflug schon mal zum mittelmäßigen Kassensturz. Der mäßige Andrang rührt zum Teil daher, aber das Angebot ist auch vielfätiger.

Das sieht man aber beim Publikum. Es scheint mir deutlich kultivierter und gesitteter als in der Stadt. Man bemüht den Gang zum Mülleimer und die Optik zeigt dann doch deutlich mehr hübsche Mädels mit Vorzeigefigur als z.B. im Walmart, einem Supercenter der Superlative.

Zu den Fans. Das Zuschauerzuspruch steigt und steigt. Speziell die Jugend findet den europäischen Fussball deutlich attraktiver als Baseball. Baseball ist in den USA auf dem absteigenden Ast. Man begrüßt die noch relativ niedrigen Durchschnittsgehälter der Spieler und den entzerrten Spielplan. Bei anderen Sportarten geht es oft im Dreitagesrhytmus durch die Saison, da freut man sich eher auf Heimspiele, etwa alle zwei Wochen. Es entwickelt sich eine Fanszene, welche ganz klar Verbindungen zu Europa hat. Es ist eine Mischung aus "old school" wie in England und der Ultrakultur wie in Deutschland oder Itlalien. In Seattle gibt es eine zusätzliche "Attraktion". Da treffen sich die Fans im Occidental Park und neunzig Minuten vor Spielbeginn marschiert man dann den knappen Kilometer zum Ground. Und das bei jedem Spiel.

Über die Qualität der Spiele läßt sich streiten. Der übliche Kunstrasen verbietet die "Blutgrätschen" und läßt reinen Tempofussball schlecht zu. Das Game in Portland war richtig gut, der Kick in Seattle grausam. Ich würde das Niveau auf bessere zweite Liga setzen, es gibt mit Sicherheit Ausreißer nach oben und unten. Zudem gibt es Clubs, welche sich ausgediente Altstars zumeist aus Europa holen. Im Moment tendiert Wayne Rooney zu Washington United, Schweinsteiger läßt soeben seine Spielerkarriere in Chicago auslaufen. Das hebt zumindest die Attraktivität, der Fall Ibrahimovic ist das beste Beispiel. Schneller werden die Spiele auf keinen Fall, aber das ist wahrscheinlich egal. Leider hat die positive Soccerwelle einen Dämpfer erhalten, das US-Team konnte sich nicht für die WM qualifizieren, für die stolzen US-Amerikaner fast eine Bankrotterklärung. Denn dann wäre der "Soccer" in den "Headlines" der Zeitungen und nicht verbannt auf Seite zwölf im Sportteil.

Weitere Bilder & Eindrücke aus Seattle:

Keep the faith.

RaMü