On the Wyre coast

Hallo Bluebloggs,

am Tag nach dem Champions League Match war frei. Da der Flieger erst am Donnerstag ging, dann aber doch nicht, hatte ich einen "lazy day". Also Manchester zu durchstreifen war mir zu doof, viele Ecke kenne ich ja schon. Fussball war auch nicht, alles hatte unbegreiflicherweise ebenfalls am Dienstag schon gespielt. Also auf ans Wasser. 70 Minuten dauerte die Fahrt mit der Northern Line bis Blackpool. Blackpool ist das "englische Las Vegas", sagt man. Zweifellos hat die Stadt diesen Ruf und zweifelhaften Ruhm, aber es ist nur ein müder Abklatsch. Nichts und niemand schlägt das Original in der Wüste von Nevada. Aber es hat einen Vorteil, es liegt am Wasser und zwar an der "irish sea". Das erfreut die Kinderlein und Erwachsenen zugleich. Aber an diesem grauen Februartag war alles nur trüb und irgendwie trostlos. Vom Bahnhof Blackpool North braucht man nur zwölf Minuten bis zur Promenade und zum bekannten Blackpool Tower. Dann steht man da und schaut ins Wasser, das Gedröhn der Spielbuden und Werbung der Casinos im Ohr. Kundschaft, Kundschaft, Kundschaft, so lautet das Motto. Kommt her und verzockt eure Kohle an der Wyre coast.

Die drei großen Piers der Stadt sind vollgepropft mit diesen schaurigen Buden, welche zum Teil krass an den Cannstatter Wasen erinnern. Dazwischen gibt es unzählige Pubs, Restaurants, Läden und Penner. Die frische Luft vermengt sich mit Pommesfett und Ausdünstungen der Obdachlosen. Dazwischen Familien und Touristen auf der Suche nach Fun und Abwechslung. Am North Pier beginnt die Meile, welche länger ist als eine Meile. In der Ferne sieht man den großen Roller Caster am Wasser und die Angebote scheinen kein Ende zu nehmen. Nach den Pflichtfotos hatte ich aber eine Mission zu erfüllen, Fussball ist unser Leben.

Das Tagesticket mit der Tram kostet umgerechnet nur 5,50 €, für mich lohnte sich der Betrag auf jeden Fall. Von der North Pier fährt man fünfzig Minuten mit eben dieser Tram noch Norden in Richtung Fleetwood Ferry. Es geht immer an der Küste entlang, meistens sieht man das Wasser vom Sitz aus, ein etwas ungewohnter Anblick. Dieses Bild ist ungefiltert, nicht in Szene gesetzt.

Drei Stationen vor dem Endziel hält man an der Stanley Road, das Schild weißt den Weg zu Fleetwood Town. Nach zehn Minuten steht man vor dem modernen Gebäude, welches Geschäftsstelle und gleichzeitig Haupttribüne ist. Diese Seite des Grounds ist komplett neu angelegt, die Umgebung mit einem neu angelegten Park sehr angenehm. Fleetwood Town ist in der dritten Liga beheimatet und hat sogar gute Chancen zum Aufstieg in die zweite Liga. Im Winter wechselte Aalens Schwabl hierher, warum auch immer. Sollte aber Town aufsteigen, wäre man hilflos überfordert, zumindest was die Infrastruktur angeht. Ein Gang um den Ground zeigt es.

Die Vorderfront des Highbury Stadium ist sehr ansehlich. Das gibt doch was her. Aber dann geht es schon los. Ein paar Meter weiter sind die Fussballromantiker wieder gut aufgehoben, der alte englische Fussball lebt noch, hat sich nur gut versteckt. Auf diesem Parkplatz stehen die Autos der Spieler und Angestellten. Man schaue sich aber dieses Motiv mal genau an. Hä, die Tribüne ist mit einer Rückseite einer neueren Tribüne zugebaut. Das Stadion wurde 2011 erneuert und dabei "gedreht". Aha. Der alte Stand war mal hinter einem Tor und hat nun ausgedient. Die Rückfront stammt von der "Seitenlinie". So kann man es auch machen. In Luzern gibt es so ein ähnliches Konstrukt, nur nicht so derb. Englisch eben, Hauptsache praktisch, Design ist in diesem Fall Nebensache.

Nochmal ums Eck wird es noch doller, zunächst lädt ein "Chippy" zu Fish & Chips ein und ein Laden bietet die alltäglichen Dinge des Lebens an. Jetzt einschwenken und nun fällt die Kinnlade runter, man steht vor dem prachtvollen Eingang für die Awaysupporters.

Tja, das war es. Rund 5100 Zuschauer gehen rein, damit wäre Fleetwood Town der Verein mit den kleinsten Ground in der zweiten Liga. Wenn der Aufstieg klappt, Burton Albion wäre somit abgelöst. Aber das ist noch Zukunftsmusik und ich glaube eher, dass die Anwohner sich gut mit der Ruhe und der Gemütlichkeit der dritten Liga angefreundet haben. Mit der Tram ging es dann weiter zur Endstation Fleetwood Ferry. Dort habe ich einen weiteren Rundgang getätigt und losgeknipst. Man hat die alten Hotels liebevoll erhalten und bietet noch ein Stück des alten, viktorianischen England an, inside and outside. Vor über hundert Jahren war es mal ein beliebter Urlaubsort für die Reichen, heute ist zumindest im Februar die große Ruhe eingekehrt. Die meisten Buden und Laden sind geschlossen und warten auf das Erwachen der "season". Im Sommer ist es bestimmt ganz nett hier, es gefiel mir viel besser als dieses verkrampfte Blackpool mit seinen Funklimbim.

Das fällige Mitagessen nahm ich im Weatherspoon ein. Post in Kürze. Der Blick auf die Uhr mahnte zum Aufbruch, aber ich hatte ja noch ein weiteres Ziel, der FC Blackpool. Immerhin waren die "Seasiders" vor ein paar Jahren für eine einzige Saison in der Premier League, dieses Stadion musste doch einiges mehr hingeben. Nur wenn man mit richtigen Menschen spricht, lernt man die Sprache. Der Beamte am Bahnhof erklärte mir den Weg und versicherte mir glaubhaft, "it`s nor soo far away", und ich habs geglaubt. Also bin ich losgezuckelt, immer der Nase lang und den Tower im Blick. Dann über die beschriebenen "car park" und "across the bridge" und tatsächlich, das Stadion war in Sicht. Aber die Entfernung stimmt nicht ganz, geschlagene 25 Minuten brauchte ich hin.

Schon viel besser als zuvor bei Fleetwood, aber das ist auch kein Wunder. Blackpool besitzt mehr Strahlkraft und ist in einer richtigen Stadt gelegen. Aber das hat heutzutage nicht mehr viel zu sagen. Denn Blackpool spielt sogar noch tiefer als der Verein aus der Provinz, die vierte Liga ist nun die Heimat. Aber auch da läuft es nicht, der unbedeutende Mittelfeldplatz bietet keinen Raum für Träume. So kommt man auch beim Rundgang und das Bloomfield Road Stadium bald wieder zurück auf die Tatsachen. Die zweiten vorderen Seiten sind die Sahnestückchen, der Rest eher biedere Hausmannskost aus der Gefriere. Beweise gefällig, o.k. :

Auf den Frontseiten bietet man sogar ein Hotel an, zusätzlich sind die unteren Etagen vermietet. Büros, Läden, Kindergärten und sogar eine Kirche haben sich eingemietet und garantieren die notwendigen Einnahmen, aber der Rest ist auch nicht besser als in Fleetwood. Die Zukunft siegt nicht gerade rosig aus, beim FC Blackpool. Zurück blieb der Eindruck eines typisch englischen  Fussballclubs. Schnell hoch, aufgepumpt mit Sponsorenpfund, losgelassen vom Eigentümer, verscherbelt an den nächsten Anbieter und die Fahrt nach unten begann. Der nahegelegene "Roller caster" am Strand und der FC Blackpool haben das einige Gemeinsamkeiten. Auf und ab mit Grausen. 16.000 Zuschauer gint es schon lange nicht mehr, im Schnitt kommen noch 3.500 Unentwegte. Die großen Spielerbilder beim Fanshop sind auch unpassend, die Sitzplätze im Hintergrund sind leer, nur das leuchtende Orange peppt den trüben Eindruck etwas aus.

Nun wurde es aber höchste Zeit, den Rückweg anzutreten. Zum Schluß musste ich gar noch hochschalten und in leichten Trapp verfallen. Nun begann es endlich wieder leicht zu regnen, Glück gehabt. Bei der Abfahrt machte ich nochmal so ein belangloses Bild aus dem Zug und dann fiel es mir ein und versetzte mich in leichten Schrecken. "Schiiet", ich muss ja noch zu den Spielen hierher. Die Tabelle mit den besuchten Grounds gilt nur in Verbindung mit einem Spiel. Das Umpinseln von Schwarz auf Skyblue ist mit dieser eigenen Vorgabe verbunden. Es dürfte also nicht mein letzter Trip an die Wyre coast gewesen sein, seufz.

CITY  -  the only football team to come from Manchester

RaMü