Boxing day !

  Hallo Bloggs,

das Jahr neigt sich dem Ende zu und alle Fußballgestressten atmen durch, endlich einmal Ruhe und die erlebte Vorrunde verarbeiten. Das alles gilt für den größten Teil in Europa, aber nicht für die Insel. Hier hält man die Fahne trotzig im Wind, hier wird durchgespielt. Für die Fernsehanstalten ist es ein Segen, ebenso für das Konsumvieh. Wer dann live dabei sein will, sollte sich aber mit einigen Sachen vorher vertraut machen. Meine Rückblicke zum Boxing day:

Wir waren mal bei Crystal Palace gegen Arsenal. Der Selhurst Park kochte, wir hatten Stehplätze. Allein an dieser Tatsache erkennt man, dieser Besuch war vor der Katastrophe von Hillsborough, also vor 1989, oder höchstens kurz danach, bevor allgemein auf Sitzplätze umgerüstet wurde. Die "Gunners" hatten ausgeglichen und vor uns wurden diverse Abneigungen fäustetechnisch geregelt. Da brüllte irgendein Spassvogel hinter uns: "Hurray, hurray, it`s a real Boxing day" . Alles lachte und stimmte ein. 

Mit dem Boxsport hat dieser Name herzlich wenig zu tun. In richtig früheren Zeiten gab es im vereinigten Königreich noch keinen zweiten Weihnachtsfeiertag, da musste man wieder zur Arbeit. Traditionell bekamen die Arbeitnehmer dann ein Geschenk vom Boss, verpackt in eine Schachtel, der "box" eben. Der Name "Boxing day" wurde geboren und beibehalten. Dieser Begriff überlebte auch die Einführung des gesetzlichen, zweiten Weihnachtsfeiertages und findet heute noch seine Anwendung. Dieser Tag hat also absolut nichts mit der familiären Bescherung am nunmehr ersten Weihnachtsfeiertag zu tun. Denn in der "holy night" / 24. Dezember kommt der "Santa Claus" bekanntlich durch den Kamin und füllt die aufgehängten Socken und legt die Geschenke unter dem Weihnachtsbaum ab. Der amerikanische "Santa Claus" auf seinem Rentierschlitten ist im Prinzip ein "Brite".

Eine weitere Geschichte, ebenfalls aus dem letzten Jahrtausend. Wir wollten mit dem Zug von Glasgow zurück in den Süden, ein weiteres Spiel anschauen. Schon auf dem Weg zur Central Station kam es uns seltsam ruhig vor, kaum Leute und Autos auf den Straßen. Na ja, alle noch voll vom Vortag, so unsere vorgefertigte Meinung zu diesem Thema. Dass die Läden geschlossen waren, war uns angesichts des Feiertages klar, als aber auch die kleinen Coffeeshops mit einfachen Frühstücksangeboten ebenfalls mit heruntergelassenen Rolläden grüßten, ahnten wir Böses. Tatsachlich, die Eingänge zum Hauptbahnhof waren verrammelt und verriegelt. "SORRY, no service, it´s Boxing day" so die Auskunft des gelangweilten Beamten, welcher die Fragen der dämlichen und nichtswissenden Touristen einsilbig abwehrte. Da standen wir ratlos herum, was  nun? Damals gab es noch kein Smartphone, man musste fragen. Ja, so richtig mit richtigen Leuten reden. Mit Händen und Füßen, mit lächeln und grinsen, mit Kopf nicken und schütteln. Dann war es raus, heut geht nichts mehr. Da wir eh noch keine Fahrkarten hatten, verlängerten wir unseren Aufenthalt eben um einen Tag, wir hatten eh einen Tag "Leerlauf". Es wurde ein "lazy day". Das Hostel nahm uns grinsend wieder auf und wir verbrachten den Tag zusammen mit den Obdachlosen, Alkoholikern und anderen Gestrandeten in einem der wenigen, geöffneten Pubs in Glasgow. Keine Zeitung, keine SmartPhone, nichts. Nur wir selbst und unsere Geschichten. Glory days !

Ein Sprung in das Heute. Früher gab es am Boxing day sehr gerne Derbys. Das hatte den Vorteil, die meisten Fans hatten keine große Anfahrt, siehe Beschränkungen im öffentlichen Nahverkehr. Heute biete man eher "durchschnittliche" Begegnungen an. Dafür gibt es oftmals spezielle "Familientickets". Diese reduzierte Karten werden ziemlich oft als Weihnachtsgeschenke gekauft und ermöglichen der gesamten Familie den Stadionbesuch. Während "früher" der Mann oder Freund den Boxing day mit Kumpels oder allein genoß, hat man heute die gesamte Familie im Schlepptau. So ändern sich eben die Zeiten, auch am Boxing day. 

Boxing day bei West Ham United / 1984. Man beachte die Abpessrung links unten, wie im Zoo.

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