Bei den "O's"
 
Hallo Bloggs. Dieses Spiel war ein perfekter Tag. Es war vernünftiges Wetter, die Anfahrt mit nur einer Stunde überschaubar und ich konnte mir im Stadion wie gewohnt ein Programme kaufen und hatte ein richtiges "old school" Ticket in der Hand. Really nice! Nun klären wir aber den Begriff "O's". Braucht man eigentlich nicht erklären, denn dieses O ist die Abkürzung für Orient. Und warum eigentlich Orient? Das hat mit der Gründung zu tun. 1888 waren die meisten Spieler bei der Reederei Orient Shipping Line beschäftigt und daher erlebte der Verein aus dem Osten Londons seine erste Umbenennung, 1881 war das Gründungsjahr. Erst 1946 besann man sich auch auf den Standort und so kam es zum aktuellen Vereinsnamen Leyton Orient.
Den Sprung in den bezahlten Fussball schaffte man 1905, hier war man zwar immer nur in eine der beiden untersten Ligen beheimatet, aber immerhin. Die totale Schmach erlitten die "O's" dann 2017. Nach 112 Jahren in der Football League stieg man ab, die fünftklassige National League / höcheste "Amateurliga" war aber nur für zwei Spielzeiten eine unrühmlicher Zwischenstopp, seit 2019 ist der Club wieder in der EFL, der English Football League. Und jetzt scheint es erfolgreich weiter zu gehen, Leyton hat einen deutlichem Vorsprung auf die ersten, nicht direkten Aufstiegsplätzen und dürfte ab 2023/24 in der dritten Liga Englands auflaufen. Wenn alles klappt. 
 
 
Schon allein der Zugang über die Balmoral Road zeugt es an, Leyton Orient gehört zum Stadtteil und ist komplett integriert.
 
Das zweite Merkmal neben dem Vereinsnamen ist das Vereinswappen. Die beiden roten Drachen haben aber überhaupt nichts mit Wales zu tun, der erste Blitzgedanke ist also falsch. Dabei handelt es sich nicht um klassische Drachen, sondern um Darstellungen aus der Haraldik. Also weiter möchte ich nicht darauf eingehen. Auf jeden Fall zeigt der eine Drachen die Verbundenheit zur Stadt London selbst, siehe die beiden Wappen im Vergleich. Die zweite Darstellung nimmt Bezug zum Meer, mit viel Phantasie hat man damals irgendwie diese Reederei noch mit eingebaut. Also das muss dann schon ein richtig feuchtfröhlicher Abend gewesen sein, als man das Vereinswappen entwarf.
 
                                     
 
Bei Leyton Orient ist auf jeden Fall das Gründungsdatum dabei, während beim Stadtwappen von London das Georgskreuz dominiert. Flankierend dabei die beiden Drachen, so der Volksmund. Eigentlich heißen die Wyvern, das aus dem normannischen Sprachbereich stammt. Normannen und Angelsachsen, das ist eine komplett andere Geschichte. Der große Unterschied in der Darstellung sind bei Füße, mal nur einer, mal zwei.
 
Das Stadion bietet für knapp 10.000 Zuschauer Platz und ist auf drei Seiten sehr modern und lediglich der Stand an der Brisbane Road bietet noch einen kleinen Einblick in die am untergehende englische Stadionkultur.
 
 
Der Unterbau mit seinen Backsteinen ist noch Orginal, das Eck wurde dann im Zug der Renovierung errichtet. Man sieht es ganz deutlich, hier wurde die Tribüne einfach "abgekürzt" und die Wellblechverkleidung draufgesetzt. Ist auch schon ein paar Jahre her, siehe "Begrünung". Ich find's toll.
 
 
Dieser Kiosk ist längst nicht mehr im Gebrauch. Aber allein die Enge und die alte Lichtwerbung sind ein großartiges Relikt aus der glorreichen Vergangenheit Fussballenglands. Leider verschwinden diese Zeugen immer mehr, da muss man schon in die Niederungen des Fussballs reisen.
 
An der Seite der Tribüne hat man dafür wieder einen Einblick auf die Gegenwart. Ich habe auf der Insel schon Stadien gesehen, da konnte man im angebauten Hotel ein Zimmer mit Platzblick buchen, z.B. in Norwich. Aber Wohnungen?
 
 
Unterhalb der Wohnungen bietet sich dann ein Einblick in die Werkstatt der Greenkeeper. Auf jeden Fall scheint der Kunstdüngervorrat noch ein kleines Weilchen zu reichen.
 
 
 
Im Hintergrund sieht man die Haupttribüne mit dem Schriftzug Justin Edinburgh Stand. Und damit sind wir auch bei einem der jüngeren tragischen Momente der "O's". Im Juni 2019 besuchte Manager Justin Edinburgh ein Fitnessstudio und erlitt einen Herzinfarkt. Leider war kein Defibrillator vorhanden und nur fünf Tage später verstarb der 49-Jährige. Edinburgh war als Spieler jahrelang bei den Tottenham Hotspurs und wurde dort FA- und Ligacupsieger. Insgesamt bestritt er 213 Spiele für die Spurs.
Nach diversen Tätigkeiten als Manager / Trainer führte sein Weg zu Leyton Orient. Hier stieg er wieder auf und beseitigte so die Schande der zweijährigen Fünftklassigkeit. Im Januar 2020 wurde die Tribüne in Justin Edinburgh Stand umbenannt.
Zum Abschluß nochmals zum aktuellen, sportlichen Teil. Nach der Rückkehr in die EFL steht jetzt der nächste Schritt an, der Aufstieg in die Football League one, also der dritten Liga. Hier kann man durchaus von einem sicheren Aufsteiger sprechen, denn der Vorsprung auf Platz vier ist gewaltig. Das Spitzenspiel zuhause gegen Stevenage am 27. Dezember endete 0:0, das ist also auch schon absolviert. Sieht gut aus, siehe Tabelle. 
 
 
Tabelle vom 28.12.2022
 
Die ersten drei Mannschaften steigen direkt auf. Die vier nachfolgenden Teams bestreiten die Aufstiegsrunde. Es spielen in einem Hin- und Rückspiel der Vierte gegen den Siebten. Der Fünfte logischerweise gegen den Sechsten. Beide "Durchsetzer" sehen sich dann im Wembley Stadium zu einem echten Endspiel um den letzten freien Platz in der dritten Liga.
 
Fazit zu Leyton Orient. Wer in London ist und Fussball sehen will, versucht natürlich an Tickets der ganz Großen zu kommen. Leyton Orient ist eine nette Alternative. Zwar ist es am Stadtrand, aber die Verkehrsverbindungen sind hervorragend. Allerdings sollte man sich auch hier schon vorab um Tickets kümmern. In der Aufstiegsrückrunde und in der kommenden Saison, vermutlich dritte Liga, dürfte der kleine Ground schnell voll oder gar ausverkauft sein.
Natürlich gibt es noch andere Möglichkeiten. Man denke nur an QPR, Millwall oder Luton Town.
 
Keep the faith.
RaMü.
 
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