The hidden path.
Hallo Bluebloggs,
es gibt verschiedene Möglichkeiten, um in das Etihad Stadium an der Ashton New Road in Manchester zu gelangen. Bequeme Zeitgenossen nehmen die Tram, quetschen sich in die qualvolle Enge der Züge und haben aber nach nur neun Minuten das Ziel ihrer Träume erreicht. Ausgangspunkt ist jeweils der Hauptbahnhof Piccadilly Station. Wer mehr Geld investiert, ruft einfach ein Taxi. Im Moment muss man rund 12.-- € bezahlen, bei mehreren Personen fast günstiger. Wer viel Zeit hat und fit ist, geht aber zu Fuß. Dabei gibt es natürlich mehrere Möglichkeiten, beim Heimspiel gegen West Ham latschte ich mal wieder einen nicht ausgeschilderten Weg ab, deshalb nenne ich ihn einfach "the hidden path". Versteckt und etwas abseits, man hat seine Ruhe und erfährt und sieht trotzdem viel über die Geschichte der Stadt Manchester. Der Einstieg erfolgt über die Ducie Street, also beim Nero Cafe rechts. Hier zeigt sich folgendes Bild:
Unterwegs kommt man am "The green" vorbei, einer beliebten Sportsbar. Da war ich nach dem Kick schon ein paar Mal, zwar meistens voll, dafür gut. Nun steigt man eine kurze Treppe links runter und staunt etwas. Nanu, der Blick zeigt etwas von Venedig in Manchester. Man betritt nun das 1990 umgebaute Piccadilly Village und kann entlang dem Kanal schlendern, immer in Richtung Stadion. Vor rund einem Vierteljahrhundert entstand dieses Viertel und wird nun wieder ständig erweitert. Der Kanal heißt Ashton Tow Canal und diente früher zum Transport von Material und Waren zu einem östlichen Industrieviertel Manchesters. Manchester war ja der Geburtsort der Industrialisierung und des sogenannten "Manchesterkapitalismus". Die Zeiten sind längst vergangen, aber die Kanäle sind geblieben. Heute zieht man die Wasserstraßen in die Wohnviertel mit ein.
Nach einem Kilometer läuft man unter der ersten Straßenbrücke ( Great Ancoats ) durch und erreicht nun den ganz offiziellen Ashton Canal Tow Path. Nun hat man hier neue, modernere Gebäude errichtet, aber mit sehr viel Platz und Luft. Ich finde, eine gelungene Harmonie zwischen Moderne und Vergangenheit. Die Enten auf den Kanal werden zum ständigen Begleiter, eine Stück Natur pur.
Nach der Dritten Brücke, der Beswickstreet wird es deutlich rustikaler. Die meisten Leute verlassen jetzt den Pfad und es wird immer einsamer. Keine Angst, die Richtung stimmt. Man sieht jetzt auch die vielen leerstehenden Industriegebäude und deren Verfall. Manche Häuser werden noch benutzt, aber das ist sehr selten. Hier kann man noch etwas von der Größe Manchesters erahnen, als die Stadt das industrielle Zentrum der Welt war. Von hier aus versorgte man den Rest des Comonwealth mit Waren und vor allem mit Kleidung. Dafür wurde die Baumwolle aus den damaligen Südstaaten der USA hergeschifft, über Liverpool und den neugeschaffenen Shipcanal gelangte der wichtige Rohstoff in die Verarbeitungsstätten. Denselben Weg ging es dann zurück.
Und so geht es weiter, immer entlang des Ashton Tow Canal. Tow heißt ja auf Deutsch Tau und bedeudet in diesem Fall ziehen. Die Schiffe und Flösse mussten mit Pferden gezogen werden, die Flösser sorgten "lediglich" für den Abstand zum Uferbefestigung. Eine schweisstreibende Arbeit, alles zum Wohle des schmalen Geldbeutels und der Menschheit. Nun kommt zum allersten Mal das Etihadstadium in Sicht, nicht viel, aber immhin.
Ruhig Blut, wir sind richtig und kommen schon noch an. Der Müll im Kanal wird nun immer mehr, anscheinend kümmert sich hier kein Mensch mehr um seine "Umweltsünden". Die Graffiti an den Wänden nehmen zu und der Pfad wird immer enger und unübersichtlicher. Dafür sieht man nun das Stadion öfters und man ist beruhigt, es wird schon. Nun sind es nur noch wenige Minuten und das Ziel kommt immer näher, trotzdem bleibt es wie ein kleiner Dschungel am Rand der Stadt. Nach der letzten Unterführung steht man dann vor dem Ground, allerdings auf der falschen Seite, es trennt noch die Tram und der Kanal vom Ziel.
Nun heißt es Abschied nehmen, nun muss man nur noch die Steintreppe hoch zum Joe Mercer Weg. Links sieht man noch Tennisfelder und die dazugehörige Hallen, rechts das Stadium mit dem Etihadcampus. Urplötzlich ist man wieder drin im Leben, umgeben von mehr oder weniger mehr Menschen in SKYBLUE.
Die Gehzeit für diesen "hidden path" des Ashton Tow Canal beträgt rund 25 Minuten. Vor allem bei schönem Wetter ist es ein nicht alltägliches Erlebnis. Man taucht ein, in ein Stück Manchester, mit allen seinen Ansichten und seiner Geschichte. Wer allerdings etwas ängstlicher Natur ist, sollte bei der Beswick Bridge den Pfad verlassen, danach wird es etwas rustikaler und ursprünglicher. Für alte Veteranen aber kein Problem, sondern eher ein Trip in die eigene Vergangenheit.
CITY - the only football team to come from Manchester
RaMü
PS: Alle Bilder wurden am Samstag, 19. September 2015 aufgenommen / MCFC - West Ham United.