Äh, wieso sind die Sitzplätze grün?

Hallo Bloggs. Neulich haben wir uns wieder mal über Fussball unterhalten. Nein, nicht über diese komische EM 2020 im Jahre 2021, sondern über wirklich wichtige Fussballthemen. Wann spielt der VfB wieder international? Und dabei sind wir ins Schwelgen geraten und haben uns an die letzten Fahrten erinnert. Weißt du noch? Und da wurde es mir ganz mulmig, denn vor nunmehr über zehn Jahren habe ich mir eine der größten Blamagen meiner "Karriere" erlaubt. Der Reihe nach:

Der VfB hatte in der Saison 2010/11 in der Europa League alles weggefräst, was kam. Na ja, zumindest in der Gruppenphase und die Auswärtsniederlage in Bern war eh irregulär, bei dem Kick auf Eis und Schnee waren wir dabei. Mit fünfzehn Punkten aus sechs Spielen gegen weitere Schwergewichte wie Getafe und Odense wähnten wir uns als Topfavorit für den Titel. Schon bei der Auslosung der K.-o.-Phase war mir klar, Benfica Lissabon, das lässte dir nicht entgehen. Die Zustimmung der Arbeitskollegen war groß, der Flieger gehört uns. Also zum Schluß waren wir zu zweit. Als echter Mann ist man Selbstfahrer, das heißt, man organisiert alles selbst. Die Tickets für das Match gingen selbstverständlich über den VfB, der Rest war selfmade.

Und so flogen wir ab Frankfurt standesgemäß mit der Lufthansa, nobel, nobel. Billig kann jeder. In Lissabon übernachteten wir unserem Rang entsprechend in einem Holiday Inn und verbrachten den Abend in einer Touristenfalle in der Innenstadt. Unsere Tour bescherte uns zwei Übernachtungen, der Matchtag war der volle Touritag, abends dann das Spiel. Und ich muß sagen, Lissabon hat mir wahnsinnig gut gefallen. Natürlich sind wir die ausgelatschten Pfade nachgeschlurft, sind diese weltberühmte Straßenbahnlinie rauf- und runtergezockelt.

Sind an vielen Kirchen und Kathedralen ausgestiegen, haben diese imposanten Gotteshäuser innen besucht und über die tolle Aussicht gestaunt. Wir haben im Prinzip fast alles gesehen, erwandert, erstiegen, erfahren was diese tolle Stadt so alles hermacht.

Es war zwar Februar, aber das Wetter trotz der paar Wolken richtig mild und die Temperaturen überaus angenehm. Am meisten hat mich dann doch diese Tramlinie und diese ungezwungene Art der Schienenverlegung beeindruckt. Eng, aber es geht.

Und so ging es rauf und runter, Lissabon ist auf Hügel erbaut, nicht nur Rom. Der Tag verging wie im Flug und irgendwann sollten wir dann doch Richtung Stadion. Schließlich war der eigentliche Grund der Reise das Match gegen Benfica am Abend dann.

Und so latschten wir durch die engen Gassen wieder in die eigentliche City runter und stiegen in eine der zahlreichen U-Bahnen ein. Ich hatte mich natürlich vorher erkundigt, ich wusste Bescheid. Alles hört auf mein Kommando, mir nach. Das angepeilte Ziel war schon etwas Richtung Stadtrand, aber das war eh klar. Schon beim Ausstieg war es irgendwie seltsam, also von Fussballstimmung wenig bis gar nichts zu merken. Egal, vielleicht kommen die Portugiesen ja wie die Engländer so kurz vor knapp. Noch zwei Stunden bis Spielbeginn.

Im Stadion selbst war eine Shoppingmall integriert und der Fanshop. Alles war entspannt, die Ticketschalter noch geschlossen. Da noch Zeit war, gingen wir eine Kleinigkeit essen. In der Bude war ein großer Flatscreen an, und da lief auf einem Heimatsender ein Vorbericht zum Spiel. Immer noch nichts bemerkt. Nun aber los, wir konnten einen Blick ins Stadion erhaschen und ein gigantischer Schmerz durchfuhr mir, vom hinteren Hirn bis zum elften Zeh: Äh, wiese sind die Sitzplätze eigentlich grün? Benfica hat doch rote Vereinsfarben, wie der VfB? Ich wollte tot umfallen, wir sind aufgrund meiner grandiosen Führungsqualitäten bei Sporting Lissabon gelandet, statt bei Benfica.

Ein Blick auf die Uhr zeigte, noch siebzig Minuten bis zum Anpfiff. Schnell zurück zur U-Bahnstation und dort in ein Taxi. Hier war der Fahrer Sportingfan und er kannte einige Schleichpfade, aber dem Stau auf der Stadtautobahn konnten wir nicht entrinnen. Ebenso zerann die Zeit, es wurde hektisch und eng. Auf unseren Wunsch nahm er dann die nächstbeste Abfahrt und kutschierte uns auf abenteuerlichen Wegen so bis zwei Kilometer an das diesmal richtige Stadion. Wir stiegen aus, hetzten inmitten von erwartungsfreudigen Benficafans in Richtung Gästeblock, machten nebenher noch ein paar Pics und kamen dann doch noch gemütlich an. Das Match lief schon ein paar Minuten. 

                                                                                                                      

In der Halbzeitpause habe ich Bekannte getroffen, die sich über unsere Verspätung gewundert haben. Natürlich konnte ich dieses Missgeschick nicht vollends offenbaren und habe erzählt, dass der Trip zu Sporting geplant war, aber die Anfahrt zum Benfica Stadion unterschätzt haben. Alle haben genickt. Kommt vor!

Der VfB hat dann das Match mit 2:1 verloren und war somit ausgeschieden. Auf jeden Fall war es meine schönste Städtereise in Sachen Fussball. Sollte der VfB je mal wieder auf der internationalen Bühne auftreten und wir ganz zufällig auf Sporting Lissabon treffen, versuche ich dabei zu sein. Erstens wäre Lissabon eine zweite Reise wert und den Weg kenne ich ja schon.

PS: Beim letzten offiziellen Auswärtsspiel waren wir auch dabei. Zusammen mit Arbeitskollegen fuhr ich nach Genk, für das Match bei Lazio hatte ich mir als Selbstfahrer schon ein Hotel und den Flug gebucht. Leider wurden dann seitens der UEFA Zuschauer in Rom nicht zugelassen. Strafe. So sollte Genk die letzte internationale Fahrt gewesen sein. Es war der 21. Februar 2013. Seither ist tote Hose. Fahrten ins Ausland wurden später gegen Aue, Kiel und Sandhausen getauscht. Auch ein Erlebnis.

Keep the faith. RaMü

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