2 x Norden und 1 x Fastnorden

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Hallo Bloggs.
 
Der Urlaub ist beendet, wir haben das Wetter von Ostfriesland nun in Württemberg geparkt. Insgesamt habe ich dann doch drei Spiele besucht, trotz Corona. Geplant waren eigentlich Grounds in den Niederlanden, aber es war auch so ganz reizvoll. Schließlich sind diese drei Vereine gute Beispiele für den zwischenzeitlich verklärten, romantischen Fussball. Wer nur in den ganz hohen Wolken schwebt, übersieht oftmals den Bodensatz aus dem das Ganze entspringt und der Nährboden ist. Football roots.
Es waren zwei Spiele im echten Norden, denn die Sportfreunde Lotte zum Norden zu zählen ist fast eine Beleidigung für die Leute, schließlich liegt es schon in NRW. Und zudem, für uns Südlichter fängt der Norden bekanntlich schon oberhalb Frankfurts an, umgekehrt beginnt für die Ostfriesen der Süden knapp unterhalb Meppens, also dem Emsland. Deshalb 2 x Norden und 1 x Fastnorden. Soviel zur altdeutschen Erdkunde.
 
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Beginnen wir also mit dem richtig typischen Norden, also in diesem Falle mit den Kickers Emden. Arg viel mehr Norden geht nicht, denn da kommt dann ein Deich und dann das Wasser, falls gerade Flut ist. Wo Wasser ist, sind auch Boote. Und so kann man das Stadion des BSV Kickers Emden auch zunftgerecht mit dem Paddelboot besuchen. Hier die Beschreibung:
 
 
Groundtechnisch ist es Fussball pur. Zur Zeit wird bekanntlich aufgepeppt, es komme neue Sitzschalen rein. Zudem wurden hinter dem einen Tor die Stehplätze überdacht und auf der Gegenseite wird hinter der obersten Stufe eine Wand angebracht, egal ob als Sicht- oder Windschutz, auf jeden Fall wirkt es dann kompakter.
 
 
Viel mehr dürfte sich wohl nicht mehr tun, den schließlich spielt man "nur" Oberliga Niedersachsen. Und da in der Staffel Weser-Ems/Lüneburg. Der Rasen ist zwar optisch sehr gut, aber ziemlich uneben. Was noch auffiel, die sanitären Anlagen fehlten! Dazu musste man sich in das nahegelegene Vereinsheim begeben und dort die Toiletten aufsuchen. Dieses Gedränge und Geschiebe waren der komplette Kontrast zu den Hygienemaßnahmen, welche ansonsten äußerst genau eingehalten wurden. Und das bei nur 500 zugelassenen Zuschauern! Anscheinend reicht es aber auch so, die Kickers hatten 2019/2020 exakt 688 Zuschauer im Schnitt. Zum Abschluß, der geilste Spielertunnel in Deutschland.
 
 
Jetzt wirklich das letzte Bild aus Emden. Die seitlichen Stehplätze weichen den neuen, schwarzen Sitzschalen. Jeder Euro zählt.
 
 
 
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Die Stadt Oldenburg ist ungefähr 85 Kilometer von Emden entfernt, aber auch hier begrüßt man sich noch mit dem etwas für den Rest der Republik ungewohnten MOIN. Hier gibt es zwei Fussballclubs. Der blaue VfB Oldenburg ist in der Regionalliga Nord beheimatet, der VfL Oldenburg eine Klasse tiefer. Dafür hat der grüne VfL mehr Mitglieder und die Frauen spielen in der Handballbundesliga und das mit großem Erfolg. Man war schon drei Mal Pokalsieger.
Der VfB Oldenburg trägt seine Heimspiele im Marschwegstadion aus und zwar seit 1991. Zuvor war man im weseltich kleineren Donnerschweer Stadion zuhause und der kleine Ground wurde "Hölle Donnerschwee" genannt. In diesen wohl tollen Jahren spielte man immerhin insgesamt fünf Jahre zweite Liga. Ist aber schon über dreißig Jahre her. Die Realität heißt heute Marschwegstadion und es ist ziemlich unpersönlich, leider. Vielleicht trügt auch der Eindruck für den Erstbesucher, wenn durch dieses Covid-19 Gedöns alles etwas anders ist. Keine Stehplätze, keine Fangesänge. Zwar versuchte man etwas Stimmung von der einzigen Sitzplatztribüne, aber außer dem bekannten "VfB, VfB, VfB" kam nicht mehr rüber. Leider. Aber es ist und bleibt mehr ein Leichtathletikstadion, als ein echter Fussballground.
 
 
Für die Traditionalisten. So war es vor dreißig, vierzig Jahren fast überall in Deutschland. Egal ob in München, in Stuttgart, Hannover, Hamburg oder heute noch Berlin. Solche Stadien waren die Mehrheit. Der Bökelberg in Mönchengladbach oder das Ruhrstadion in Bochum bildeten die rühmliche Ausnahme. Auf jeden Fall war alles fast klinisch rein. Die WC's nagelfrisch gefliest, alles achtete auf Hygiene. Leider wurde es übertrieben, man konnte seine echt leckere Stadionwurst nicht gemütlich irgendwo an einem Stehtisch oder so verspeisen. Man stand irgendwo verlassen rum oder improvisierte den Flutlichtstrahlersockel einfach um. Ansonsten war alles recht groß und großzügig. Leider wird sich das in Zukunft kaum ändern, denn die Stadt Oldenburg ist auch eher mehr bekannt für den Bundesligafrauenhandball oder eben Leichtathletik. Was auch noch etwas verwirrend ist, die Geschäftsstelle befindet sich nicht beim Stadion, sondern ist rund vier Kilometer entfernt. Dort holte ich dann auch meine Karte mehrere Tage vorher persönlich ab, es ist ein einfacher Zweckbau, der mit dem Jugendleistungszentrum geteilt wird. Mir hat es aber trotzdem gefallen.
 
 
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Den geläufigsten Namen meiner drei besuchten Vereine hat wohl Lotte. Die Sportfreunde mit dem Stadion am Kreuz spielten mehrere Jahre dritte Liga und sorgten im DFB-Pokal für mehrere Ausrufezeichen. Für dieses Spiel gegen den Bonners SC musste ich das Bundesland und die Liga wechseln. Lotte liegt knapp in Nordrhein-Westfahlen und kämpft mit einer Trainerin um den Klassenerhalt in der Rebionalliga West. Deshalb Fastnorden. Für mich war es der beste Ground. Schade nur, dass durch diese unselige Coronazeit das Flair eines Stadionbesuches leidet, aber das kleine Stadion selbst ist kultig. Es gibt da Stehtische mit Blick auf den Platz ...
 
 
...  den Presseleuten weht beim Schreiben während des Kicks der Duft der Bratwurst um die Nase ...
 
 
...  und die Tribüne sind nicht so einheitlich abgeschleckt wie bei den unglücklichen Neubauten.
 
 
Einem Besuch der Toiletten ist abzuraten. Da müsste dringend renoviert werden. Aber gerade das macht Lotte aus. Nicht SCHICKIMICKI, sondern Fussball pur. Aber nur, wenn kein Corona ist.
 
Mein persönliches Ranking:
 
  1. Platz . Hier die Sportfreunde Lotte mit dem besten Gesamteindruck. Einziger Minuspunkt: WC grauenhaft.
  2. Platz für Kickers Emden wegen dem Fischbrötchenwagen und der Paddelhaltestelle.
  3. Platz für den blauen VfB. Kann aber an der Stadionsituation selbst nichts ändern. Ist halt in Oldenburg die einzig mögliche Spielstätte für die Regionalliga Nord.
Keep the faith.
RaMü