Was kostet die Milch ?

Hallo Bluebloggs,

Robbie Savage dürfte in Deutschland ziemlich unbekannt sein, seine Karriere spielte sich ausschließlich in England ab, bei relativ kleinen Clubs. In seinen zwanzig Jahren war er "lediglich" bei vier Vereinen auf der Gehaltsliste, es waren Leicester City, Birmingham City, die Blackburn Rovers und Derby County. 2011 beendete er seine Profilaufbahn und seither kommt er irgendwie über die Runden. Neulich war er zu einem Zeitungsinterview geladen und berichtete aus dem Leben eines "durchschnittlichen" Fußballers in der Premiership oder der Championship, sprich zweite Liga. Da auf der Insel auch für biedere Kicker eine viel höhere Ablöse bezahlt wird, sind die monatliochen Gehälter auch deutlich höher. Ich persönlich behaupte, in England wird rund das Doppelte bezahlt wie in Deutschland. Im Verlauf des reinen Erzählens mischte sich aber immer mehr Kritik unter die Sätze und Robbie bestätigte verschiedene Vorurteile über seine kickenden Kollegen und zum Teil auch über sich selbst. "Wir wussten nicht mal die Preise für die Milch, hatten keine Ahnung von den Kosten für die Straßenbahn. Wir lebten in unserer "eigenen Blase" ( own bubble ) und fühlten uns wohl dabei. An die "Welt da draußen" dachten wir nicht, wir interessierten uns nicht im Geringsten für banale Dinge wie Eintrittspreise usw." Das war damals so und dürfte heute noch viel mehr gelten, schließlich wird die englische Premier League geradezu von ausländischen Spielern überflutet. Zeitgleich äußerte sich James Milner von Manchester City ähnlich kritisch, der Anteil der englischen Spieler in den Vereinen sei schlichtweg zu niedrig. Der aktive Spieler riskiert mit seiner vorsichtigen Aussage doch einiges, aber er weiß, wovon der redet. Schließlich sind er, Joe Hart und Frank Lampard die einzigen Engländer bei ManCITY, welche zum Einsatz kommen. Im Winter wurd es noch dünner, da muß Lampard seinen Vertrag bei New York City FC antreten, er ist im Moment nur ausgeliehen.

Bei den Fans formiert sich nun landesweit der Widerstand gegen die hohen Eintrittspreise. Vor dem Saisonstart organisierte man einen Protestmarsch vor das Hauptbüro der englischen FA, man kam aus allen Gegenden des Landes und aus allen Ligen. Die Zeitungen griffen das Thema natürlich auf, schließlich hat selbst der loyalste Fan schon bemerkt, wie Englands Fußball absinkt. Die Stimmung ist oftmals lau, die Spiele kaum mehr ausverkauft. Der hohe Anteil der ausländischen Spieler erzeugt ein leichtes Grummeln in der Magengegend, die Kosten für den Besuch der Spiele explodieren. Speziell diese Kosten geraten ins Visier der aufgebrachten Supporters und das völlig zu Recht. Ein Vergleich beim ersten Spieltag brachte es ans Tageslicht, die Preise explodieren. Allerdings gibt es natürlich regionale Unterschiede, wie überall auf der Welt. Die Wurst in Cottbus ist wesentlich günstiger als z.B. in München oder Stuttgart, ebenso die Tickets. Zurück auf die Insel, am ersten Spieltag empfing West Ham United den Lokalrivalen Tottenham. In der vorletzten Saison im Upton Park langt man nochmals kräftig zu, das Ticket für "Nichtmitglieder" kostete 75.-- BP ( British Pound ), also umgerechnet rund 90.-- €. Allerdings gilt zu berücksichtigen, das in den letzten Monaten der Euro deutlich an Wert gegenüber anderen Währungen verloren hat, die Krise läßt grüßen. Aber egal, ob 85.-- oder 90.-- €, es macht keinen großen Unterschied mehr. Zuviel ist zuviel. Man muß aber fair bleiben, West Ham kann auch anders. Gegen Aufsteiger Leicester City verlangt man dann sehr, sehr bürgerliche Preise, 36.-- Euro sind dann noch zu berappen. Das sind für eine der teuersten Städte der Welt geradezu paradiesische Verhältnisse. Das Schlußlicht der Tabelle in Sachen Tickets bildete an diesem Spieltag letztlich Hull City. Die "Tigers" aus dem Nordwesten Englands waren großzügig, gegen Stoke City war man für umgerechnet 20.-- € schon drin, im KC Stadium. Nur zur Erinnerung, in England gibt es ausschließlich Sitzplätze.

Ein weiterer Kostenpunkt sind die Fahrten zu den Auswärtsspielen, hier bevorzugt man anscheinend immer noch den PrivatPkw, obwohl die vielen Bahngesellschaften zahllose Sonderangebote anbieten. Auch hier gibt es natürlich wichtige Statistiken, die "Daily Mail" hat es für alle zwanzig Vereine der Premiership ausgerechnet. Man berechnete alle gefahrenen Meilen der Saison, brachte den momentanen Spritpreis ins Spiel und berechnete so die Kosten bei einer Fahrt mit vier Personen in einem Durchschnittsauto, pro Kopf. Die Überraschung war eigentlich keine Überraschung, ein Blick auf die Karte hätte eigentlich schon genügt. Die Clubs in den "Midlands", also der Querstreifen auf der Insel mit dem Zentrum Birmingham liegen am besten, deren Fans haben insgesamt die wenigsten Meilen auf dem Buckel. Logisch, in Deutschland ist es dasselbe, die Vereine in NRW haben die kürzesten Fahrten im Schnitt, Freiburg oder Hamburg fast immer weite Strecken zu bewältigen. Im Mutterland des Fußballs sind die krassesten Entfernungen die Paarung Newcastle bei Swansea oder natürlich umgekehrt. Also die Supps der "Toon Army" von Newcastle hämmern in der Totale 13.200 Kilometer auf ihre Reifen und blättern so rund 1300.-- € für das Benzin auf den Tisch. Wie überall gibt es auch Gewinner, und das ist Aston Villa. Die "Villians" brauchen nur 6.780 Kilometer und benötigen dafür "nur" 670.-- € pro Saison.

Zurück zu West Ham United. Die "Hammers" wehrten sich gegen die lautstarke Kritik und bieten nun sechs Begegnungen an, bei der Kinder nur einen "Pfund" kosten, also 1,20 €. Aston Villa macht es ganz dolle, man bezahlt den Fans die Busfahrt komplett zu den Auswärtsspielen unter der Woche. ManCITY übernahm beim Auswärtsmatch bei Arsenal die Hälfte der Kosten für das Ticket. War auch nötig, denn die "Gunners" sind absolut die Größten in Sachen Ticketpreise. Deren"günstigstes" Jahresabo kostet rund 1200.-- €, !!!!!!!!!!!!!!!!!!!, wer bezahlt das eigentlich. Und die Spiele im Emirates Stadium sind fast immer ausverkauft. Im Prinzip gilt, je weiter man auf der Insel nach Norden kommt, umso günstiger wird es. Ausnahmen bilden L´pool und die Manchester Clubs. Da allerdings ist widerum City am machbarsten, für englische Verhältnisse wohlgemerkt.

Man sieht, es tut sich was auf der Insel. Viel zu lange hat man dem Treiben tatenlos zugesehen, ein Ultrasezene wie in Deutschland gibt es nicht. Die Förderation der Fußballsupporters ist allerdings viel breiter aufgestellt, alle vier Profiligen gehören dazu. Das größte Anliegen der Fans ist weiterhin günstigere Eintrittskarten und die Wiedereinführung der Stehplätze. Beim ersten Punkt gibt es aber wohl Alternativen, so schrieb ein West Ham Fan an SEINEN Club; "Ich war mit meinem Sohn in Dortmund, nur zu einem Spiel. Das war mit Flug noch zehn BP günstiger als ein Heimspiel der Hammers gegen z.B. Chelsea". Bei den Sitzplätzen gibt mehr Widerstand und Gründe, welche dagegen sprechen, nämlich 96. Soviel Tote kostete das Unglück von Hillsborough in Sheffield. Im 25. Jahr der Tragödie will so schnell niemand mehr zurück zu den Stehrängen, obwohl die Stimmen immer lauter werden. Sicherheit geht vor Stimmung oder über den Geldbeutel.

Bild: Wurde 1989 zum Schauplatz der Tragödie, das Stadion von Sheffield Wednesday. Es ist nun komplett umgebaut und in der zweiten Liga so gut wie nie ausverkauft.

Bild: Bei den "Meilenfressern" Schlußlicht, Aston Villa. Allerdings bewegt sich das Team auch in den unteren Regionen in der Tabelle.

CITY  -  the only football team to come from Manchester

RaMü