Im Mostviertel

Hallo Bloggs. Es gibt Dinge, die laufen einfach nicht nach Plan. Mein Plan war, das Zweitligaspiel in St. Pölten zu besuchen, aber ein Rasenpilz tobte sich dort aus. Der Platz wurde gesperrt und so musste ich mich kurzerhand nach Alternativen umsehen. Den Spielplan hatte ich ungefähr im Kopf und so war Amstetten die schnellste Lösung. Ich musste nur mein Zugticket "verlängern", die Eintrittskarte dürfte wohl kein Problem sein. Und so kam es auch, um 16.48 stieg ich in Amstetten aus, im Mostviertel.

Als Mostviertel wird ein Gebiet entlang der Donau bezeichnet, welches das größte Anbaugebiet Europas von Mostbirnen ist. Es liegt größtenteils in Niederösterreich und wurde in den letzten Jahren touristisch wiederbelebt. Amstetten liegt entlang einer sogenannten Moststraße und liegt somit logischerweise im Mostviertel Österreichs. Den Schwaben ist der Most ziemlich gut bekannt, schließlich gibt oder gab es auch im "Ländle" zahlreiche Streuobstwiesen.

Es waren noch knapp zwei Stunden bis zum Spielbeginn und die Sonne brannte. Immerhin meldeten die Temperaturanzeigen  noch 28°, und es wehte kein Lüftchen. Amstetten hat rund 25.000 Einwohner und somit den Charme einer verschlafenen Kleinstadt. Zum Stadion sind es nur 1 ½ Kilometer, also bin ich hoch zur Kirche geschlendert, zurück zum Bahnhof und dann in Richtung Stadion. Unterwegs gab es keinerlei Hinweise auf Fussball. In Österreich muss man sich einfach die deutschen Maßstäbe abgewöhnen, außer bei den drei, vier Großclubs. Im Prinzip bin ich erst durch die Flutlichtmasten auf den Miniground aufmerksam geworden.

Der Marsch um das Stadiönchen war schnell erledigt. Hinter der einen Sitztribüne kommen sofort die Trainingsplätze und hinter einem Tor schließt sich ein Tennisclub an. An dieser Seite gibt es auch keine Ränge. Insgesamt fasst das Ertl Glas Stadion, so die offizielle Bezeichnung, 3.000 Zuschauer und das reicht auch. Der Aufstieg in die zweite Liga wurde erst 2018 geschafft, zuvor war man niederklassiger. Erst eine Fusion ermöglichte den sportlichen Aufwärtstrend.

Amstetten ist wohl eher typisch für Österreichs zweite Liga. Da gibt es Clubs wie Innsbruck mit "richtigen" Arenen und dann der Kontrast, eben wie Amstetten. Also hier würde ich in Deutschland Regionalliga einstufen. Trotzdem ist es knorrig, herzlich und Fussball pur. Beim Warmlaufen herzen die Spieler der Heimmannschaft noch schnell die Kinder oder die Freundin, man winkt und man kennt sich. Hier kennt jeder jeden und ich kannte niemand. Der Preis für die Westtribüne betrug 16.-- €, freie Sitzplatzwahl.

Die Preise am Kiosk waren volksnah, die Käseleberkäsesemmel kostete 2,40 €. Das Bier 2,50 €. Da kannste nicht meckern. Die Zuschauerzahl betrug 750, richtig gelesen. Und das nach einem Jahr ohne Fans, spätestens jetzt wird klar, Fussball hat in Österreich nicht denselben Stellenwert wie anderswo.

Auf jeden Fall ist man als Zuschauer ganz nah dran und man kann so richtig mitfiebern. Amstetten begann druckvoll, dominierte und lag zurück. Ein zweifelhafter Elfmeter bescherte dem Gast FAC Wien die Möglichkeit zur Führung, welche auch prompt genutzt wurde. In der zweiten Halbzeit wurde es ruppiger, die Zuschauer droschen gegen die Blechverkleidungen, beleidigten die "Wieenar" und Schiedsrichter und machten richtig Alarm. Erstaunlich, bei nur 750 Leuten. Amstetten glich aus, Wirbelwind Alli spitzelte das Leder zum mehr als verdienten 1:1. Dabei blieb es dann auch. Gegen 22.15 war ich dann wieder in Wien-Meidling. Der Zug benötigte 50 Minuten, der Railjet ist so eine Art IC. Und das ist auch eine mögliche Erklärung für die niedrigen Zuschauerzahlen. 20 Minuten zum Exerstligisten St. Pölten, dreißig Minuten nach Linz, fünfzig Minuten nach Wien. Dann in einem Radius von fünfzig Kilometer weitere Zweitligaclubs wie Horn, Steyr und die Juniors OÖ. Das ist einfach zuviel. Aber es hat Spaß gemacht, nach Rapid und der Austria jetzt Amstetten, nach Champions League gefühlte Regionalliga. Aber die gehören auch zum Fussball. Oftmals ehrlicher als anderswo.

   

Keep the faith. RaMü.

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