Extra seit 1891
Hallo Bloggs.
Es gibt Schockmomente, die vergißt man nie. Manche glauben ja, nach einer jahrzehntenlange Ehe war es im Nachhinein doch das Jawort, andere glauben den beim Anblick des geliebten "heilgem Blechle", also Auto nach einem Crash erlebt zu haben. Fussballfans kennen das. Beim frisch gekürten Zweitligisten FC Schalke 04 war es in der denkwürdigen Saison 2000/01, als man immerhin für knapp fünf Minuten deutscher Meister war. Im süddeutschen Raum erinnern sich die Badenser vom KSC ungern an den Ausgleich in der Relegation 2015 gegen den HSV, der in der Verlängerung dann den Klassenerhalt klar machte. Und so gibt es viele dieser Momente und alle haben eines gemeinsam, es war in der Nachspielzeit.
Seit dem ersten Regelbuch von 1846, das von Studenten der Uni Cambridge verfasst wurde, gab es unzählige Änderungen, Streichungen und Ergänzungen. Innerhalb von rund fünfundzwanzig Jahren ergaben sich die Basisregeln, welche bis heute das Fundament des modernen Fussballs sind. Dazu gehört auch die Frage und Beantwortung nach der regulären Spielzeit. Darüber streiten sich die Gelehrten. Offiziell gibt es die 2x45 Minutenregel erst seit 1896. Schon davor aber soll "mündlich" diese Spielzeit vor dem Anpfiff vereinbart worden sein. Wie wir alle wissen, gibt es nun die Möglichkeit der Nachspielzeit. Das liegt ganz im Ermessen des Schiedsrichters.
Auf der Insel nennt sich diese Zeit simpel "extra time". Zu den Zeiten des Sir Alex Ferguson bei Manwho? nannten die Supps der gegnerischen Teams diese Zeit höhnisch "Fergie time". Der kauzige Trainer forderte immer wieder energisch eine Nachspielzeit ein und bekam oftmals Recht. Speziell bei den Heimspiel betrug diese schon mal sechs Minuten und mehr. Und siehe da, ausgerechnet diese Extraminuten bescherten dem Team dann doch noch einen Treffer und so oft mehr Punkte.
Und wie kam man auf die Idee der "extra time". Angeblich war es im Jahre 1891. September. Aston Villa gegen Stoke. Die Hausherren führten knapp mit 1:0 und zwei Minuten vor dem Abpfiff gab der Unparteiische einen Strafstoß für Stoke. Der Torhüter von Villa schnappte sich schnell den Ball und drosch das Spielgerät über das Stadiondach. Da es damals noch keine Balljungen gab, schon gar keine außerhalb des Geländes, rannten die Spieler von Stoke los und suchten das Leder. Als endlich das schmerzlich vermisste Ding gefunden wurde, war es zu spät. Der Schiedsrichter hatte das Match entsprechend den Regeln pünktlich nach Ablauf der zweiten 45 Minuten abgepfiffen. So zumindest die Legende.
Um weiteren Missbrauch zu verhindern, wurde deshalb die Nachspielzeit eingeführt. Seither zieht diese Masche nicht mal mehr auf den Dorfplätzen.
Man sieht, alles braucht seine Zeit. Immer wieder braucht es erst ein Geschehen, bis reagiert wird. Ist aber nur zu menschlich und selbstverständlich. Das wahre Leben ist der beste Lehrmeister und niemand kann den Einfallsreichtum der Menschen vorhersehen, wenn es um den eigenen Vorteil geht. Siehe Aston Villa gegen Stoke.
Keep the faith
RaMü