Lichtjahre Unterschied
 
Hallo Bloggs. Es waren nur vierundzwanzig Stunden Unterschied, die Entfernung betrug etwa 300 Autokilometer und mit der Bahn brauchte man vielleicht drei Stunden, aber es waren gefühlte Lichtjahre dazwischen, zwischen dem Kick in Mödling und Salzburg. Diese Erkenntnis ist erschreckend, denn es zeigt den gewaltigen Unterschied innerhalb der österreichischen Bundesliga, nicht nur bei der Spielstärke sondern auch bei der Infrastruktur. Zwar haben wir mit dem FC Weißwurst auch einen Platzhirsch, aber die Kronprinzen darunter sind dann doch nicht so ganz abgeschlagen wie hier.
Es war das Spitzenspiel, RB Salzburg gegen Sturm Graz. Erster gegen Zweiter. Kommerz gegen Tradition. Es endete 4:1 und war auch in dieser Höhe verdient, lediglich in einer Viertelstunde konnten die Gäste mithalten. Speziell in der ersten Halbzeit spielte der Neuzeitrekordmeister sein ganzes Können aus und brillierte mit Tempo und Spielwitz. Nach 21 Minuten stand es schon 2:0 und das 3:0 schien nur noch eine Frage der Zeit. Aber es fiel nicht und Graz konnte sich nach dem Seitenwechsel kurz befreien und mit dem Anschlußtreffer für Spannung sorgen. Aber da zeigte sich die ganze Klasse der Salzburger, man zog die Zügel wieder an und erzielte noch zwei weitere Treffer, das vorentscheidende 3:1 war allerdings ein Eigentor. Ich geb's nicht gerne zu, aber das war schon Fussball von der feineren Art. Kein Wunder, dass RB erst vor einigen Tagen den VfL Wolfsburg mit 3:1 besiegen konnte. Das Tempo und der Kombinationswirbel ist stark, das Publikum wird mitgerissen.
Der eigentliche Kern in der Nordkurve ist allerdings immer noch recht klein, angesichts der Dominanz der Mannschaft und deren Titelerfolge etwas verwunderlich. Die richtige Stimmung machte das ganze Stadion, die Fanklatschen sorgten für dementsprechende Lautstärke und der Auswärtssupport von Sturm Graz war aber auch echt gut. Hut ab! Für den neutralen Zuschauer war es beste Unterhaltung. Ich saß keine Minute auf meinem gekauften Platz. Irgendwie bin ich im Familienblock gelandet, fast hätte man mir am Eingang noch so ein Malbuch in die Hände gedrückt. Ich stand hinter den letzten Reihen, zusammen mit vielen anderen Leuten. Zudem konnte ich fast ganz rumlaufen und Bilder machen. Allerdings nur vom Unterrang, oben war gesperrt. Und da verkündete der Stadionsprecher mit stolzgeschwellter Brust "ausverkauft", und das mit 16.217 Zuschauern. Also so gewaltig ist die Begeisterung in Salzburg für das hochgejazzte Mateschitzprodukt dann auch wieder nicht.
 
 
Also die Außenfassade ist schon gelungen. Die rauhen Holzbalken verkörpern das Salzburger Land und damit ist den Designern ein echter Coup gelungen. Spötter behaupten, sieht aus wie gigantischer Outdoorladen in den USA.
 
 
Sieht aus wie die Festung Hohensalzburg inmitten der Stadt und ist auch so gewollt.
 
 
Also wenn man über eine der Ecken reinkommt, erschlägt einen der erste Anblick schier. Der Oberrang wirkt aufgesetzt und läßt den Zuschauer darunter unwillkürlich ducken.
 
 
Bei näherem Hinsehen fällt es dann doch auf, das Stadion ist für den normalen Ligabetrieb dann doch zu groß. Eine Freigabe der Oberränge lohnt nicht, selbst beim Spitzenspiel wird nicht geöffnet.
 
 
Die großen Planen beherrschen auch hier das Bild, allerdings ist für die meisten Besucher das kaum sichtbar. Der Oberrang ist extrem vorgezogen, es wirkt daher nicht ganz so schrecklich. Zumal ja die Blöcke unten komplett gefüllt sind.
 
 
Also das Einlaufen der Teams erinnert an die Showeffekte in den Vereinigten Staaten. Durch den hohen Anteil von Kindern und Jugendlichen wird einer Partie die Schärfe genommen. Der Aufmarsch der Kapelle war ein großes Gedöns, in England wirkt das traditioneller und daher ernsthafter.
 
 
Fussball im Stehen. Wer will, kann sich das gesamte Spiel vom Gang her ansehen. Kein Problem.
 
 
Der Gästesupport war eines Spitzenspieles würdig. Hier merkte man die Tradition, es wirkte nicht so aufgesetzt, es war einfach besser. Trotz der Niederlage.
 
 
Die ganze Spielzeit über wae Dauersingen angesagt. Wenn schon, denn schon. Beim Support wollte man sich nichts nachsagen lassen, so der Eindruck. Note eins für Graz.
 
 
Nach dem 2:1 durch Graz ging es wieder fast nur in eine Richtung. Salzburg erhöhte die Schlagzahl und die Treffer fielen fast logisch.
 
 
Bin dann ein paar Minuten vor dem Schlußpfiff gegangen. Die Luft war raus. Vier Spiele in vier Tagen, das geht an die Substanz.
 
Keep the faith.
RaMü
 
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