Hallo Bluebloggs,

in diesem Jahr feiern wir ein Vierteljahrhundert Deutsche Einheit. Seit 25 Jahren gibt es wieder ein Deutschland. Viele Jüngere kennen die DDR nur aus Geschichtsbüchern oder von den Erzählungen der Eltern, sofern man im Osten Deutschlands aufgewachsen ist. Die Älteren aus diesen Bundesländern haben viele unterschiedliche Erfahrungen und somit Erinnerungen. Für mich als ehemaligen Soldaten der westdeutschen Bundeswehr mit Standort in Hessen, unweit der Grenze, gibt es auch einige Erinnerungen. Im TV konnten wir DDR-Fernsehen empfangen, da haben wir die Vereine im Europapokal angeguckt. Gejuckt hat das überhaupt keinen, 40 Kilometer weiter östlich wäre das mit ziemlicher Sicherheit geahndet worden. Viel später, im April 1989 spielte der VfB dann mal gegen Dynamo Dresden, im Halbfinale des damaligen UEFA-Cups. Hiervon handelt nun meine Post: DIE STASI und der VfB !

Für dieses Auswärtsspiel hatte ich mich angemeldet und beim Reisebüro ordnungsgemäß mein Visum beantragt und bezahlt. Die Eintrittskarte bekam ich schnell vorab, lediglich die Genehmigung dauert, und dauerte, und dauerte. Am Vorabend der Fahrt klingelte es dann, das Reisebüro aus Stuttgart meldete leider eine Verweigerung der Einreise. Ich bekam das Geld für die Reise wieder erstattet, den Betrag für Karte und das Visa konnte ich als "Spende" für die DDR ab-

schreiben.

Während meiner Ostreise im September 2015 war ich unter anderem auf der Gedenkstätte "Güst Marienborn". Güst heißt "Grenzübertrittstelle" und Marienborn liegt an der ehemaligen Transitstrecke nach Berlin/West. Da habe ich im Buchladen kostenlose Broschüren entdeckt, unter anderem mit dem Titel "Die Stasi in Stuttgart". Das Heft gab es kostenlos, da hab ich mich natürlich eingedeckt. Zuhause hat mich der "Blitz" getroffen, Mensch, unter anderem gibt es jetzt freigegebene Akten zum VfB-Spiel in Dresden. Damals, als mir die Einreise verweigert wurde.

Zeitlich passt es ja, da schreib ich jetzt eine Post in meiner Webside. Natürlich habe ich alle abgebildeten Berichte des MfS / Ministerium für Staatssicherheit einzeln gelesen und dabei sind mir wieder einige Erinnerungen zurückgekehrt. Zumindest das Reisebüro fiel mir wieder ein. So habe ich alles gelesen und mir dabei vorgestellt, was ich alles verpasst habe, damals im April 1989, so kurz vor der späteren Wende.

Der MfS, das Wort Stasi kam eigentlich erst später auf schrieb unheimlich viel und allerlei Belanglosigkeiten. Allerdings darf man den unglaublichen Aufwand nicht vergessen, die "Sicherung" der rund 600 ausgewählten Dynamofans war aufwendig, aber nicht vollständig. Insgesamt sieben Sportsfreunde "verdufteten", auf dem Weg vom Daimlerparkplatz zum Stadion. Dazu ein Ausschnitt aus dem Bericht des zuständigen Genossen:

Der Aufwand beim Rückspiel war mit erheblichem Personalaufwand verbunden. Insgesamt 926 VfB-Fans waren die Einreise erlaubt worden, das zumindest bestätigt der Bericht des bearbeitenden Stasibeamten. Man verfügte logischerweise über umfangreiche Informationen, Diktaturen sind in dieser Sicht einfach klasse und herrlich unkompliziert. Hier die Auflistung:

Deutsche Gründlichkeit eben. Große Befürchtungen hatten die ostdeutschen "Staatsschützer" bei eventuellen "negativen Angriffen" auf die DDR in Folge von Plakaten, Banner oder Sprechchören. Weiter wollte man "neofaschistische" Auswüchse verhindern. Dazu stellte man Aufgebot von 500 Mann zusammen, extra. Zusätzlich waren eh welche da, schließlich hatte das MfS für seine verdienten Mitarbeiter sowieso 105 Jahressitzplatzkarten in Beschlag. In diesem Fall ein weiteres Plus. Als Reserve standen am Spieltag zusätzlich vier (!) Kompanien der Volkspolizei / VP zur Verfügung. Bereis in der Nacht bezogen zwei Kompanien der VP eine Nachtsicherung des Stadions, damit sollten "Schmierfinken" abgehalten werden. Eine Kompanier umfasste damals geschätzte 120 Mann. Zusätzlich kamen auch 213 IM zum Einsatz. Hinter dem belanglosen Wort IM / Informeller Imtarbeiter verbirgt sich schlichtweg ein "Spitzel". Diese sollten vermutlich sich anbahnende Unruhen oder "klassenfeindliche Provokationen" melden oder selbst durch Eingreifen verhindern. Diese waren im ganzen Stadion verstreut.

Natürlich gibt es für solche "Sicherungen" eine dazugehörigen Plan, damit die Einteilung der Kräfte und die Einsatzorte für jeden klar verständlich sind. Wie immer, war alles geheim und nfD, "nur für den Dienstgebrauch". Ich habe hier allerdings nur die linke Hälfte des Harbigstadions abgebildet, die braun markierten (!) Flächen sind der Gästebereich.

Fussball wurde irgendwann dann doch noch gespielt, der VfB kam durch das 1:1 in Dresden ins Endspiel und unterlag dann Neapel. Im Vorspiel dann ich dabei, beim 2:1 Heimsieg. Damals spielte bei Dynamo ein Rotschopf, welcher dann später in die BRD, VfB wechselte. Auch ich brüllte dann bei seinem ersten Spiel, ebenfalls UEFA-Cup und zwar gegen Zenit Leningrad "Matze, Matze" !. Nun ist er irgendein Boss beim WeisswurschtFC und heißt aber immer noch Sammer.

Zurück zum Thema.

In solch einem Bürozimmer wurden die Berichte getippt. Als Beispiel dient hier eine Stube des Stasiquartiers "Runde Ecke" in Leipzig, das Zentralstadion sieht man auf der Stadtkarte links unten. In der Broschüre gibt es noch einiges mehr über das Spiel, zudem über den Bau des Rotebühlgebäudes. Das baute nämlich eine Art "Subunternehmen" aus der DDR. Toll ! Man kan die kostenlosen Broschüren anforden unter:

 

www.bstu.bund.de/DE/Wissen/Publikationen/Publikationen/E_bstu_stasi_in_stuttgart.html

 

Eine zusammenfassung meiner Geschichtstour im Rahmen meiner Osttour gibt es in Kürze.

Gegen das Vergessen und die Verharmlosung.

PS: Warum mir die Einreise verweigert wurde, ist mir bis heute noch nicht richtig klar. Vielleicht sollte ich in Dresden eine Akteneinsicht beantragen.

RaMü