Hurra, England ist ...
Hallo Bluebloggs,
innerhalb von vier Jahren ergießt sich gar zwei Mal Hohn und Spott über das Team und die Nation. Beide Male fliegt man bereits in der Vorrunde aus diesem Ländervergleich und die einheimische Presse und die Fans überbieten sich in Sachen Häme und Beleidigungen. Die größere Schmach war dann das Ausscheiden mit nur einem erzielten Tor und einem Punkt, das zweite Mal ergatterte man immerhin zwei Punkte und schied erst im letzten Gruppenspiel gegen eine 1b-Mannschaft des Gegners aus.
Dies alles geschah in den Jahren 2000 und 2004. Ich rede hier von der deutschen Nationalmannschaft bei einer EM und nicht vom englischen Team. Man sieht, die letzten Blamagen liegen gerade erst zehn Jahre zurück und erst mit dem Sommermärchen 2006 begann der angeblich unaufhaltsame Aufstieg der deutschen Elf. Das Gedächtnis der Fans ist kurz oder in vielen Fällen gelöscht, "Rumpelfußball", ein Begriff aus der Steinzeit dieses Sportes und die Tatsache, daß ein gwisser Carsten Jancker Sturmführer war, wird verdrängt. Damals wurde dann ein Jungspund namens Sebastian Deissler zum Heilsbringer auserkoren, bis dieser angewidert vom Druck sich zum allerersten BurnOutBekenner mutierte.
Häme und Spott für die "Three Lions" gibt es in deren Heimat schon genug, aber die deutschen Fußballexperten kommentieren dann voller Genugtuung dieses vorzeitige Ausscheiden. Man scheint, daß da unzählige Leutchen unter dem Fußballvolk den schnellen Abschied von der "stärksten Liga der Welt" nicht verkraftet haben, Spanien ist das weiterhin, nun sind jetzt verbal die Engländer dran. Etwas mehr Demut vor den Gegnern täte allen gut, vor allem dem Fußballvolk.
Woran lag es? Nachdem der "Shitstorm" sich etwas gelegt hat, kommen auf der Insel die seriösen Vertreter der Presse zum Zug. Ich habe da verschiedene Onlineausgaben studiert, unter anderem natürlich die MEN, Manchester Evenning News. Gerade der Meisterverein Manchester City gerät in den Mittelpunkt der Kritik, schließlich stellte der Club nur zwei Nationalspieler, von denen lediglich Stopper Joe Hart immer zum Einsatz kam.
Mehrere Gründe führten zum vorschnellen Aus. Zunächst galt diese Gruppe als die Todesgruppe, also die beste Gruppe. Uruguay, England und Italien waren schon Weltmeister, Costa Rica ist so übel nun auch nicht. Ergo, eine Mannschaft dieser glorreichen Drei fliegt auf jeden Fall raus.
Desweiteren hat dann der scharfsinnige Stürmerstar Wayne Rooney in einem Interview rührselig erzählt, er spiele nun in der bislang besten Nationalmannschaft seiner Karriere, da müsste doch was "zu machen" sein. Ach, Roo, halte doch einfach mal die große Klappe ! Dann kommt der nächste Aspekt, der Trainer. Roy Hodgson ist zwar bestimmt eine cooler Typ im Pub und in einem Verein, aber als Coach einer englischen Elf etwas überfordert. Der nächste Knackpunkt ist aber der umstrittenste von allen. Das viele Geld der Sponsoren verhindere eine erfolgreiche Jugendarbeit und man kauft sich nur noch Vereinsteams aus der ganzen Welt zusammen ! Das stimmt, dann aber doch wieder nicht. Der Kader der Engländer ist ungefähr im gleichen Altersschnitt wie der deutschen Elf, Talente gibt es schon. Es stimmt, daß das viele und leichte Geld eine Nachwuchsförderung erschwert, das ist aber überall so. Namen wie Walker, Jones, Smalling, Shaw, Walcott, Barkley, Wilshere, Sterling, Rodwell, Sturridge, Welbeck und Townsend versprechen eine bessere Zukunft, alle sind im Moment noch zum Teil weit unter 25 Jahren. Dazu gibt es dann gestandene Recken wie Millner, Hart und Rooney. Unglücksrabe Gerrard und weitere Mitstreiter werden wohl ihr Ende im Dress von England ankünden.
Für die deutschen Anhänger gilt immer wieder dasselbe Argument, wir haben den besseren Nachwuchs. Zumindest auf Länderebene trügt aber diese Aussage. Der letzte Titel einer deutschen Nachwuchsmannschaft war 2009, eben mit Neuer und Co., danach reichte es oftmals gar nicht mehr zu Quali, oder man scheidet schon in der Vorrunde aus. Englands U17 wurde in diesem Jahr fast unbeachtet Europameister, das passt allerdings nicht in unser selbstgerechtes Weltbild.
Nach dem Schock der Jahre 2000 und 2004 reagierte man. Zwar wurde man mit einem "Titan" im Tor 2002 noch Vizeweltmeister, aber dann war der Lack der alten Recken endgültig ab. Der damalige DFB-Präsident reagierte und rettete die Zukunft des deutschen Fußballs. Gerhard Mayer-Vorfelder schuf neue Lizenzvorgaben und machte den Bau und den Unterhalt von Jugendleistungszentren zum unbedingten Muss. Das alles hatten die Holländer und Franzosen schon seit Jahrzehnten, jetzt kopierte man einfach deren Erfolgsrezept. Das dann aber mit deutscher Gründlichkeit. Es dauerte zwar ein paar Jahre, aber seit jüngster Zeit spriesen die Talente anscheinend wie Unkraut aus dem Boden. Das bringt zwar Qualität, aber nun muß auch mal ein Titel her, sonst werden wir wie die Holländer. Schön spielen und nichts gewinnen.
Der Gipfel der deutschen Scheinheiligkeit ist immer wieder 1966. Damals wurde England durch das umstrittenste Tor der Fußballgeschichte Weltmeister und im Jahre 2014 wäre man technisch in der Lage, solche Dinge besser und eben richtig zu entscheiden. Was machen die deutschen Fußballfunktionäre?, man lehnt die Abschaffung wegen der hohen Kosten ab. Und die deutschen Fans applaudieren, möglichst nichts verändern, lautet das Motto. Leute, die Schiedsrichter bleiben weiterhin die ärmsten Schweine, warum helfen wir ihnen nicht ? Warum verweigern wir technische Hilfsmittel, es sorgt für mehr Gerechtigkeit und manchmal weniger Hass auf den Rängen.
Das Leben in England geht weiter, deren Fans sind leidensfähiger als die deutschen Spezies. Hier ist man Rückschläge gewöhnt und das "Wiederaufstehen" gehört fast zum Tagesablauf. Es werden wieder all die Dinge in Frage gestellt, welche auch meistens tatsächlich verbesserungswürdig sind. Die durchschittliche Nachwuchsförderung wird überprüft, und wenn die Premiership wieder beginnt ist alles Vergessen. Die guten Vorsätze, das blamable Ausscheiden, das Andenken einer Winterpause und die Tatsache, daß mit Suarez der "Spieler des Jahres" das eigene Team nach Hause geballert hat. Also hier möchte ich fast behaupten, der Louis sucht sich nun einen Verein auf dem Kontinent, denn in England dürfte es nun sogar an der Merseyside ungemütlich für ihn werden.
Für mich persönlich, trotz aller Anfeindungen, bleibt England das Mutterland des Fußballes.
CITY - the only football team to come from Manchester
RaMü