"Tief" in der Saar.

Hallo Bluebloggs,

das Saarland ? Vielen der rund 3.500 mitgereisten Fans ist das kleinste Flächenbundesland Deutschlands im Prinzip ein weißer, fast unbekannter Fleck. Man hat nur annähernd 1 Million Einwohner und hängt ständig am Länderfinanzausgleichtropf der Bundesrepublik. Die Gegend lebt auch von der unmittelbaren Nachbarschaft zum ehemaligen "Erzfeind" Frankreich. Diese wechselhafte Geschichte bescherte einen ständige Berührung in wirtschaftlicher und politischer Art, zumal kam erst 1957 der "Beitritt" zum damaligen Westdeutschland. Die D-Markeinführung erfolgte 1959 und es wird in der jüngeren deutschen Geschichte als erste und "kleinere" Wiedervereinigung gewürdigt. 

In Sachen Fussball ist das Saarland, oder auch die Saar wie ein Einheimischen sagen, schon seit längerer Zeit viertklassig. Der berühmteste Vertreter ist eigentlich der 1. FC Saarbrücken, aber selbst hier ist in den nächsten Jahren kein allzu großer Wurf zu erwarten. Auch der FC Homburg/Saar war mal für kurze Zeit im Konzert der Großen vertreten, für insgesamten drei Spieljahre. Das ist aber schon über 25 Jahre her und seither gastierte der VfB Stuttgart nicht mehr hier.

Für mich war es eine Reise in die Vergangenheit. Ich erlebte hier die letzte Niederlage in der Aufstiegssaison 1976/77, irgendwann war ich in den Bundesligajahren nochmals hier. Zudem verbrachte ich einen Teil meiner Bundeswehrvergangenheit im nahegelegenen Zweibrücken, also nichts wie hin.

Zweibrücken liegt noch in Rheinland-Pfalz und Homburg ist nur zwölf Kilometer "tief" in der Saar. Das ist egal, Saar bleibt Saar. Die Anfahrt durch den Pfälzer Wald geriet zur Geduldsprobe, Baustellen und eine übermäßig große Anzahl von Fahrzeugen aus dem Großraum Stuttgart verstopften die enge B10, teilweise ging nichts mehr. Der starke Regen verstärkte nicht gerade die Vorfreude auf ein Pokalmatch. Aber irgendwann war man raus, aus Deutschlands größtem Waldgebiet und ab Pirmasens schien die Sonne. Homburg ist im Prinzip ein verschlafener Ort, der FC Homburg stört bei seinen Spielen in der Regionalliga Südwest selten die Ruhe, da war der Gast aus Stuttgart eine willkommene Abwechslung. Allerdings wenn Saarbrücken, Offenbach oder Waldhof kommt, soll es auch ähnlich hergehen. "Street Parking" war angesagt und wir näherten uns dem Waldstadion über den offiziellen Gästeparkplatz, also das Aufmarschgebiet der Gästefans. 

Man merkte, die Ordnungshüter des FCH sind solche Fanmassen nicht unbedingt gewöhnt und man wollte keinen Aufruhr, deshalb waren die Kontrollen ziemlich lasch. Beim Rundblick kramte ich in meiner Vergangenheit und stellte fest, also der Wald um das Waldstadion ist immer noch da. Zahlreiche Zuschauer fanden sich in den Hängen ein und sparten sich so das Eintrittsgeld.

Im Prinzip hat sich nicht viel verändert, warum auch? Für diese Liga reicht es vollkommen aus, auch "Dritte" wäre drin. Eine kleine Haupttribüne, daneben noch ein weiterer Block für Sitzplätze im Freien, der Rest sind Stehplätze. Alles in einwandfreiem Zustand, was will man mehr. Wir waren im Block 6, direkt neben der Kurve der Gästefans. Das hat immer den tollen Vorteil, Bilder der Fangruppen zu machen. Und da wurde uns einiges geboten. Optisch und akkustisch, man hatte die "Saar" im Griff. Immerhin stellte man rund ein Drittel des gesamten Besuchs, das merkte man. Der Heimsupport gab sich alle Mühe und verdient Respekt, aber die schwäbische Übermacht war nicht zu stoppen. Zum Spiel: der VfB bot eine sehr gute Vorstellung. Von der ersten Minute an war man konzentriert und drängte auf den Führungstreffer. Aber in zwei Fällen verhinderte das Gestänge das fällige 0:1, dann blieb Terrode erneut ein Treffer versagt. Auf den Rängen war das egal, die Roten genossen das Match in der Provinz und legten dann in der zweiten Halbzeit noch gewaltig nach.

Nach diesem Match werden die Jungs von der Security wohl massenweise nachgeschult werden müssen, denn hier wurde aus Sicht des Gastgebers total versagt. Diese Masse an Pyrotechnik muss man entdecken, so schön das für die VfB-Fans und die meisten Besucher auch war. Der Schiedsrichter rang wohl mehrmals mit sich, das Match zumindest zeitweise zu unterbrechen. Aber durch die Tartanbahn und den Abstand zum Spielfeld waren zumindest keine Spieler in Gefahr. Die Feuerwehr reagierte gelassen, man stellte Eimer ab und die abgebrannten Reste wurden vorschriftsmäßig in den Sand gesteckt. Man ließ diese Orgie gewähren und blieb ruhig, die beste Reaktion in diesem Fall.

Bei diesem Spektakel wollte die Mannschaft ebenfalls was bieten, immerhin stand es nur 0:0 zur Halbzeit. Endlich fasste sich "Gente" ein Herz und markierte das erlösende 0:1, dem kurz darauf das entscheidende 0:2 durch Özcan folgte. Das Geballer in der Gästekurve wollte kein Ende nehmen, immer wieder ploppte eine Brandkerze, immer wieder waberte Kunstnebel durch das halbe Rund. Der VfB vollbrachte dann in Person von Tashchy noch das 0:3 und somit den völlig verdienten Endstand. Den Hausherren gelang keine einzig vernünftige Torchance, das sieht man selten.

Nach dem Abpfiff war dann fertig, zumindest mit dem Feuerwerk. Die Mannschaft bedankte sich beim zahlreichen Anhang quasi per Handschlag und marschierte die gesamte Kurve ab. Eine tolle Aktion, angeführt und ausgelöst vom "Käptn", von Gente. Und da bin ich dann doch erschrocken, mein Gott sind das zum Teil noch Milchgesichter! Entweder schmieren die sich jeden Morgen zwei Pfund Gesichtscreme unter die Nase oder die sind tatsächlich noch so jung. Aber das ist beruhigend, die sind noch so jung.

Ach ja, kurz vor Schluß sang man noch der Gassenhauer aus dem Aufstiegsjahr 76/77: "Wenn du mich fragst, wer Meister wird?, dann sage ich zu dir: Das können nur die Schwaben sein, ja die Jungs vom VfB". Das habe ich dann ganz verstohlen einige Freudentränen mit meinem zuvor vielfach benutzten Schnupftuch weggewischt! Danke CC. Zum Dank dafür dieses Bild:

Die Rückfahrt war glatt. Kein Stau und trockene Straßen. Der Vollmond hing über dem Pfälzer Wald, die Burg Trifels war toll angeleuchtet und überall hing der Nebel in den Tälern. Ein tolles Heimfahrtgefühl, es hat alles gepasst in diesen zehn Stunden.

In god I trust.

RaMü