Westderby in den Alpen

  Hallo Bloggs,

das Leben eines Fussballfans schreibt schon seltsame Geschichten. Mein letztes Livematch war in den USA, nun ist mein Opener der Saison 2018/19 erneut im Ausland, diesmal in Österreich. Nun ja, den Großraum Bregenz als "tiefstes" Österreich zu bezeichen, wäre wohl etwas leicht übertrieben, aber man muss immerhin eine Landesgrenze überqueren und man braucht ein "Pickerl", eine Mautvignette. Also doch Österreich. Um es kurz zu machen, ich war bei Cashpoint SCR Altach. Der Fussball in Österreich unterliegt viel mehr dem Kommerz, als manche glauben. Doch dazu mehr in der nächsten Post. Um es einfacher auszudrücken, ich war bei einem Spiel der österreichischen Bundesliga in Altach, unweit von Bregenz.

Es war schon immer mein Kindheitstraum, und jetzt hab ich ihn verwirklicht. GRINS. Wenn es in Österreich oberklassige  Dorfclubs gibt, dann ist Altach auf jeden Fall dabei. Die Gemeinde hat nicht mal 7.000 Einwohner und daher ist die Entwicklung des örtlichen Fussballclubs schon enorm. Man ist klassisch aus den unteren Ligen empor gekommen, aber ohne dieses Red Bull Gehabe. Es hat einfach Jahrzehnte gedauert und nun hat man sich etabliert, in der Bundesliga in Österreich. Immerhin spielte man schon mehrere Matches in der Quali zur Europa League, das gelang bislang noch keinem anderen Verein im Voralberg. Der Club wuchs ständig, das alte Stadion am Schnabelholz heißt nun hochtrabend CASHPOINT Arena und wird ständig ausgebaut und modernisiert. Inzwischen fasst es 8.500 Zuschauer und man ist mittendrin auf dem Marsch zur kompletten Arena.

5.845 Zuschauer kamen, um das "Westderby" gegen Wacker Innsbruck zu sehen. Na ja, es liegen ungefähr 170 Autokilometer dazwischen, aber Bayern gegen den VfB bezeichnet man ja auch als Südderby. Dann soll es halt so sein. Geparkt wird auf frisch gemähten Wiesen, unmittelbar beim Stadion. Bezahlen muss man niggs. Das Stadion liegt unmittelbar an der Autobahnausfahrt 27, verfehlen ist daher unmöglich. Gleich daneben stehen Maisfelder und in rund 200 Meter Entfernung weiden noch Kühe, Fussballidylle in Perfektion.

Wer Geld sparen will und sich mit eingeschränkter Sicht zufrieden gibt, steht einfach hier:

Die Gästeseite ist noch "old school". Auf der Stahlrohrtribüne gibt es nur Stehplätze, für sitzende Gästefans ist anscheinend offiziell noch nichts in Planung. Die Südtribüne ist neu und die Heimat der Altachfans, welche sich um Stimmung bemühen. Insgesamt macht der Ground einen guten Eindruck, alles sauber und aufgeräumt. Allein die Verpflegungkioske wirken noch etwas altbacken, aber gerade das macht den Unterschied. Manchmal ist es wie beim Heimatverein um die Ecke.

Aber beim Bezahlen meines "Radlers" habe ich dann doch geglotzt, auch hier muss man mit der ARENA Card "cashen", es lebe der Fortschritt. Die Preise sind wie bei uns, das Getränkesortiment etwas üppiger. Man bekommt im "Wein Beisl" sein Viertele und es gibt aber auch Jacky oder Sekt. Es fehlt an nichts.  Alles wirkt ungezwungen, locker und leicht. Man nimmt die ganze Fussballshow nicht ganz so ernst und man leidet etwas lässiger.

Und zu leiden hatte man, schon beim Einlaufen machte Aufsteiger Wacker Innsbruck einen geschlosseneren Eindruck, der Gästeblock proppenvoll, die Hochglanzfähnchen glitzerten in der Sonne und der Support wirkte kompakter und entschlossener. Kurzum, Innsbruck hat die viel größere Fanbase und scheint zumindest die Liga zu bereichern. Allerdings darf man hier mit Altach nicht allzu energisch zu Gericht gehen, man beachte das Prädikat "Dorfclub". Die Grünen waren eine Spur besser und giftiger und wirkten speziell auf den Außenbahnen besser aufgestellt. So fielen innerhalb von nur sechs Minuten insgesamt drei Treffer. Zunächst traf Innsbrucks Dedic ( 2x ) zur 0:2 Führung, ehe dann Aigner auf 1:2 verkürzte.

In der Halbzeitpause schlendere ich immer rum und mache Bilder, diesmal ging es sogar über den überirdisch guten Trainingsplatz. Der ist nicht gesperrt und so tummelten sich zahlreiche Kinder auf dem Grün, das ist in Deutschland oftmals sogar in den Kreisklassen kaum denkbar.

Die zweite Halbzeit verbrachte ich dann auf der neuen Südtribüne, hier ist der Stehblock der Heimfans. Akkustisch kam auch im Außenbereich wenig an, da muss man noch gewaltig zulegen. Die Hausherren wechselten nun mehrmals durch und versuchten das Blatt zu wenden, aber es fehlte an der Durchschlagskraft. So richtig glaubte niemand an die Wende und so kamen die Innsbrucker zum ersten Sieg in der noch jungen Saison. 

Ausgerechnet im Westderby, bei Altach. Die haben nun gewaltige Sorgen. Der Club hat sich im Rahmen seiner bescheidenen Möglichkeiten ständig verbessert, alles ist auf eine lange Zugehörigkeit in der Bundesliga ausgerichtet. Man möchte das Stadion vollends komplett erneuern und da sind Abstiegsängste nur lästig. Aber man ist ja erst am Anfang der Spielrunde, erst war erst der dritte Spieltag.

Fazit: Wer am Bodensee im Urlaub ist und auf Fussball nicht verzichten will, kann nach Altach. Alles ist unverkrampft, ehrlich und familienfreundlich. Die Preise noch im OK-Bereich, und ein unbeschwerter Nachmittag ist garantiert. Man darf es aber nicht mit Deutschland vergleichen, im positiven sowie im negativen Sinne.

Keep the faith

RaMü