"Nur" 12.670 Zuseher
 
Hallo Bloggs. Bekanntlich war ich neulich beim Auftaktspiel der österreichischen Bundesliga in Linz. Da spielte der LASK gegen Sturm Graz vor etwa 12.670 Zuseher. In der Alpenrepublik werden die Besucher eines Fussballspieles auch als Zuseher beschrieben. Damit kann man sich auch ganz gut anfreunden. Zunäschst war ich etwas, diplomatisch ausgedrückt, überrascht, über die mehrere freien Blöcke im Stadion.
 
 
Ach ja, LASK heißt Linzer Athletik Sport Klub. Zurück zum Thema. Seit Februar 2023 spielen die Athletiker in der nagelneuen Raiffeisen Arena, welche etwa 19.000 Zuseher Platz bietet. Beim LASK betrug der Schnitt der letzten beiden Spieljahre rund 12.000, also grob diesselbe Anzahl von Zuschauern gegen Sturm Graz, den amtierenden Meister. Nicht mehr und nicht weniger als "normal". Auf jeden Fall scheint die eine Tribüne dauergesperrt zu sein, die übergroßen Werbebanner gibt es wohl schon länger. Krasser ist auf jeden Fall das Bild in der östlichen Hintertortribüne, da war der Fall klar.
 
 
Es klaffen gewaltige Lücken. Ok, oben links sieht man den Zaun zum Gästeblock, da bietet sich eine "Sicherheitszone" an. Aber sonst? Nun, es gibt zwei große Gründe. Der erste ist schnell erklärt. Bei unseren Nachbarn ist der Fussball nicht unbedingt die Nummer eins, die Wintersportarten sind genauso beliebt, mindestens. Dazu gehört auch die Tatsache, dass Österreich "nur" 9,2 Millionen Einwohner zählt. Das erklärt vieles. Der Zuschauerschnitt der Saison 2024/25 betrug 8.792 Leute pro Spiel, da sind die 12.670 gar nicht so übel. Linz ist zwar die drittgrößte Stadt mit 213.000 Einwohner im Land, hat aber seit zwei Jahren zwei  Bundesligaclubs in ihren Stadtgrenzen. Die Symapthien sind klar verteilt, zehren aber trotzdem am Schnitt.
Der zweite Grund ist komplizierter und ein Spiegelbild unserer Zeit. Überall haben sich Ultragruppen etabliert und sind zum gewohnten Stadionbild geworden. Aber diese Ultras bieten mehr als farbenprächtige Choreos und lautstarken Gesang, diese Ultras sehen sich unter anderem auch als Bewahrer der Tradition und oftmals als ehrlichere Vertreter ihres Vereins. Das Blöde ist nur, der moderne Fussball möchte zwar volle Stadien und möglichst tolle Stimmung, aber mehr nicht. Schließlich regiert Geld die Welt und nicht irgendwelche verträumte Romantiker. Diesen Spannungsfall gibt es fast überall, mehr oder weniger.
Beim LASK scheint dieser Fall aber ausgeprägter. Da schwelt seit Jahren ein Streit zwischen dem Verein als solchem und seiner wichtigsten Fangruppierung, den "Landstrasslern". Die "die hard" Supporter kämpfen seit Jahren gegen die Vereinnahmung ihres Herzensverein durch den Hauptsponsor, deren Vertreter und überhaupt. Manche halten diese Auseinandersetzung für ehrenvoll, andere dagegen als blödsinniger Kampf gegen Windmühlen. Die Liste der gegenseitigen Abneigung ist lang, die Fronten gar viele. Dieser Ultragruppe wurde im neuen Stadion ein Verkaufsstand innerhalb verboten, man reagierte mit einem Stimmungsboykott. Der gilt schon über ein halbes Jahr und es ist spür- und hörbar. Es ist tatsächlich so, die Ultras haben die Stimmungshoheit übernommen, ohne geht gar nichts mehr. Bei diesem Spiel hörte man vielleicht zwei, drei Mal so etwas wie eine Anfeuerung. 
 
 
Hier das passende Bild. Es gibt keine Fahnen, Banner und Anfeuerung. Auf dem Podest für die "Capos" stehen zwei kleine Kinder und schwenken ihr Fähnchen, LASK blockiert sich selbst. 
 
 
Das ist im Moment beim Linzer Athletik Sport Klub undenkbar, ein Fanstand der "Landstrassler". Wie es geht, zeigt das Beispiel in Stuttgart. Zwar ist man da auch in einigen Themen unterschiedlicher Meinung, aber zu solchen drakonischen Maßnahme kam es noch nie.
 
Es gibt viele Reibungspunkte. So wurden in Linz in der vergangenen Saison in deren Conference League Gruppenphase angeblich die höchsten Heimspielpreise des Wettbewerbs überhaupt, sogar mehr als beim FC Chelsea. Das weiß niemand so genau, auf jeden Fall bezahlte man bei Rapid Wien in demselben Wettbewerb nur die Hälfte. Ergo, gegen z. B. Cercle Brügge kamen nur 8.500 Fans. 0:0, das passende Resultat. Ein weiterer Aufreger war die Einführung der Auswärtsstrikots in rosanen Leiberln, also Trikots. Rosa ist die Farbe der Firma BWT, des Hauptsponsors. Was bei etwas kräftigerer Farbtonung bei der deutschen Nationalmannschaft ein Renner ist, zumindest bei den Mädels, geriet in Oberösterreich zum Streitobjekt. Da hat man die Vereinsfarben Schwarz-Weiss und dann das! Und so geht das hin und her, der Verein spricht Hausverbote für bestimmte Personen aus, die Fanszene kontert mit Spruchbändern. Dass dabei sogar einzelne Personen als jeweiligs Feindbild fungieren, treibt die Sache in die Höhe. Ende unbekannt.
Man sieht, auch im angeblich so beschaulichen Österreich kochen die Emotionen hoch, Fussball ist eben doch die gelebte Leidenschaft. 
Also mit diesem Besuch habe ich nun beide Linzer Vereine besucht. Beide Clubs verfügen über die jüngsten Stadien Europas, allerdings in bescheidenen Ausmaßen. Hier herrscht doch Realitätssinn vor Wunschdenken. Und das ist doch auch löblich. Lieb klein, fein und ausgelastet. Aber dafür muss zumindest beim LASK zuerst ein Burgfrieden geschlossen werden und der scheint vorerst in weiter Ferne.
 
 
Grau überwiegt beim neuen Stadion vom LASK. Der Farbtupfer links gehört zu einer Sporthalle, hat mit dem Stadion nichts zu tun.
 
Keep the faith.
RaMü.