Fussballtouristen

  Hallo Bloggs,

das Aufkommen der Billigflieger ermöglichte die neue Form des Tourismus, des Fussballtourismus nämlich. Für schmales Geld in die Metropolen fliegen, das Ticket über das nunmehr dreißigjährige Internet bestellen und mit dem "plastic money" der Kreditkarte bezahlen, diese Entwicklungen machten den Weg für diese Art und Ziel des Reisens frei. Mit dem Fall der Grenzkontrollen und den Reiserleichterungen in der EU wuchs eine ganze Generation mit dem unendlich freien Reisegefühl auf und nutzt dies reichlich. Ist ja auch toll. Die "best Ager", so um die fünfzig Jahre und älter, können da noch ganz andere Geschichten erzählen. Von Reisen durch den "eisernen Vorhang", Verbrüderungen mit den Ostdeutschen in den Städten des Ostblocks und von kleinem Auswärtssupport, welcher ganz selten in Eigenregie anreiste.

Wer in London ist versucht ein Spiel zu sehen. In dieser Riesenstadt fallen diese Leute nicht auf, da verläuft sich alles irgendwie. Im Stadion der großen Clubs allerdings fallen die Spezies ins Auge. Schwerpunkt sind da Arsenal, Chelsea und nun die Spurs mit ihren funkelnagelneuen Tempel. West Ham gehört da schon weniger dazu, Crystal Palace  und Millwall haben eher Kultstatus, Fulham ist die letzte Alternative. Von den Queens Park Rangers ganz zu schweigen.

Ganz krass ist es im Norden. Der Flughafen in Manchester ist das Ziel unzähliger Fans aus der ganzen Welt. Daß die Fußballfreunde aus Skandinavien und aus den Niederlanden Premier League konsumieren ist bekannt, zusätzlich haben aber auch betuchte Fans aus dem sogenannten nahen und fernen Osten den Fussball entdeckt. Liverpool steht da ganz vorne, dicht gefolgt von ManU. ManCity gehört erst seit einigen Jahren dazu. Speziell in Manchester kommt es dann zu peinlichen Szenen, wenn Fussballtouristen mit vollgepackten Tüten mit dem ManU Logo beim Etihad Stadium auftauchen und da dann nochmals Hunderte von £££ liegen lassen. Besonders Hartgesottene machen das an einem Spieltag und wundern sich dann über Schmähungen seitens der Fans der "Citizens". Man hat sich daran gewöhnt, auch beim Spiel gegen Watford saß eine "Delegation" aus Deutschland hinter mir lästerte was das Zeugs hielt. Fremdschämen im Quadrat war angesagt. Der Gipfel aber ist Liverpool. Wer die Stadt in Ruhe erkunden will, vermeide ein Heimspiel der "Reds". Als ich dort war, spielten die Roten erst am Sonntag, aber schon am Freitagabend war der Zug von Manchester nach Liverpool voll mit den Fussballfreunden aus dem Land von Mittsommer und Smörebröd. Beim Heimspiel des Viertligisten Tranmere Rovers gegen Crewe hörte man oftmals Sprachen, welche sich stark nach den  Niederlanden  anhörten. Tranmere hat's bestimmt gefreut, bestimmt rund 500 Tickets mehr verkauft.

Es ist Samstag und die "Reds" spielen erst am Sonntag. Trotzdem gibt es in der Innenstadt reichlich viel dieser Stände. Jeder Tourist kauft irgendwann einen Schal, so die Verkaufsdevise. Der FC Liverpool hat zwei Fanshops im Zentrum, Everton dagegen ist bescheidener. Die Blauen haben im Konsumkampf die deutlich schlechteren Karten. Das dürfte sich in der näheren Zukunft auch kaum ändern.

Da die englische Sprache nach wie vor die Weltsprache ist, hat die Premier League natürlich einen klaren Wettbewerbsvorteil. Man zehrt zusätzlich noch von den alten, glorreichen Zeiten, in denen die englischen Stadien wegen ihrer Stimmung und der Bauweise als vorbildlich galten. Zumindest in Sachen neuer Stadien holt das Mutterland des Fussballes aber wieder auf. Neueste Beispiel dürften dann die Tottenham Hotspur sein, welche wohl ab April im neuen Ground an gewohnter Stelle spielen.

Im Jahre 2014 begann der Neubau des neuen Stadions an der White Hart Lane. DIe Fertigstellung verzögerte sich um rund sieben Monate, auch in England sind Großprojekte nicht pünktlich abgeschlossen. Es ist eine Multiarena mit dem neuesten SchnickSchnack. Die Leute aus aller Welt werden rasen vor Freude, Konsum pur.

Aber es geht auch umgekehrt, wenn auch in wesentlich bescheidenerem Umfang. Auch Deutschland ist ein beliebtes Fussballreiseziel, Alkohol und Nikotin auf den Rängen, fast unglaublich geil. So hat z.B. Borussia Dortmund seit Jahren einen stetigen Zuwachs von englischen Fans, welche die günstigen Preise und die "yellow wall" genießen.

Dieses Vergnügen könnte der Brexit allerdings bald stören, denn dann ist die freie Reiserei vorbei und wesentlich umständlicher. Und vermutlich auch etwas teurer. Dann versiegen die Ströme vorerst etwas und man ist wieder unter sich. Die Engländer und RaMü. Zur Not weiche ich eben dann zu Grimsby Town aus, da kommt keiner hin, aus Abu Dhabi, aus Schweden oder aus Holland.

Keep the faith,

RaMü