Luton - Millwall 1985, the Kenilworth Road riot.

Wer sich heute über die manchmal mangelnde Stimmung in englischen Stadien wundert, muß sich mit der Geschichte des britischen Fußballes schon genauer befassen. Hier auf der Insel wurde der Fußball in Regeln gefasst, hier auf der Insel entwickelte er sich zum Volkssport, hier auf der Insel entstand die Fanszene und hier begrub die Szene im Prinzip sich selbst. England war das Vorbild vieler Fans aus Deutschland, einschließlich mir, und hier entstanden die Stadionsongs. Als "Geburtsort" gilt die Anfield Road, hier wurden in den Sechzigerjahren die Hits der Beatles im ersten Mal in einem Stadion gesungen und nach und nach umgetextet. Anschließend ging die Welle der Sangesfreudigen um die Welt und hat sich weiter entwickelt. Weitere Entwicklungen gab es dann auch in England, die Fanszene wurde von Rechtsradikalen der "National Front" unterwandert und die Hooligans wurden zum Sinnbild für den englischen Fußballfan, im negativen Sinne natürlich. Die Katastrophen häuften sich, der Brand in Bradford, das Unglück von Hillsborough in Sheffield, das Desaster von Brüssel und die zahllosen Zusammenstöße in den britischen Profiligen zwangen die Politik zum Eingreifen. Es Ergebnis ist bis heute sichtbar, keine Stehplätze, elektronische Karten, Rauchverbot, keine Gesänge außerhalb des Grounds usw. Man hat sich mit den Exzessen sein eigenes Grab geschaufelt und in Deutschland wandelt man im Moment auf demselben "Holzweg".

Wenn es im FA-Cup in der vierten Runde zum Match zwischen Luton Town und dem FC Millwall kommt, werden Erinnerungen hat die schlimmsten Zeiten wach. 1985 gab es diese Begegnung im Pokal schon mal. Damals war Luton Town im Zenit seiner Träume, erste Liga und etabliert. Rund fünfzig Kilometer nördlich von London spielte man sogar eine Saison im UEFA-Cup. Aber, 1985 steht auch für einen traurigen Höhepunkt der Randale. Millwall ist ein Club aus der Hafengegend in London und hat dementsprechendes Potenzial in den Reihen seiner Fans. Das Match war nicht "allticket", das heißt, es wurden  am Spieltag noch Karten verkauft. Vor, während und nach dem Spiel stürmten die Gästeanhänger mehrmals das Feld und die Blöcke der Heimfans. Anscheinend wollte die Polizei der Gewalt nicht weichen und lehnte einen Abbruch ab. Daß Luton mit 1:0 gewann, trug natürlich nicht zur Beruhigung bei, der Zug zurück nach London wurde ebenfalls zerlegt. Insgesamt gab es 47 Verletzte, darunter 33 Polizeibeamte. Damals verfügte die britische Polizei noch nicht über das sogenannte "Riotgear", also eine dementsprechende Ausrüstung, wie sie heute üblich ist. Keine Helme, keine Schutzwesten, kein Schild, lediglich berittene Polizisten konnten Herr der Lage werden. Insgesamt gab es "nur" 31 Festnahmen, 29 Hools wurden auch zu Gefängnisaufenthalten verknackt. Als Folge vergab Luton Town für die nächsten vier Jahre keine Karten mehr an Auswärtsfans, leider verlor man auch rund ein Drittel der Dauerkartenbesitzer. Diese waren sauer über die mangelnden Sicherheitsmaßnahmen des Vereins und der Fans. Zusätzlich führte Luton Town als erster Club in England das personalisterte Ticket ein, jeder Ticketbesitzer ist namentlich bekannt. Zudem wurden die Blöcken mit einem Zaun versehen, später führten eben diese Zäune in einem anderen Ground zur nächsten Katastrophe in Hillsborough. Luton machte dann den Abgang bis in die fünfte Liga, und nun kommt es zum erneuten "Clash" der Clubs. Millwall behauptet zwar, alles sei viel besser geworden, aber vor zwei Jahren beim Pokalspiel bei West Ham United war der erste Einsatz von berittener Polizei nach über fünfzehn Jahren wieder nötig, als Millwallsupporeters auf den Straßen sich Schlachten mit den Fans der "Hammers" lieferten. Also so dolle besser sieht anders aus.

RaMü