Footie in CH !

Hallo Bluebloggs,

ich bezeichne mich keinesfalls als Kenner des Fußballs in der Schweiz, zumindest aber kann ich mir nach dieser Saison ein erstes Urteil erlauben. Den FC Basel hatte ich ja schon vorher mehrmals "belästigt", in diesem Fußballjahr kamen dann noch GC Zürich, der FC Luzern und der FC Thun dazu. Da die gesamte Schweizer Liga nur zehn Vereine umfasst, ist das fast die Hälfte, zumal ich ja mit dem VfB Stuttgart auch mal bei den Young Boys in Bern war. Die Schweiz verfügt zumindest im deutschsprachigen Bereich über komplett nagelneuen Stadien, welche allerdings in ihrer Größe deutliche Unterschiede vorweisen. Absoluter Leader ist natürlich der FC Basel, gefolgt von YB aus Bern. Einzige Ausnahme bildet der FC Aarau, dessen Brügglifeld bietet nur knapp 10.000 Zuschauern Platz, hier wird seit 1928 gespielt. Am letzten Spieltag am 12. April besuchten rund 73.000 Zuschauer die fünf Spiele, Rekord nur knapp verfehlt. Allerdings hatte Zuschauermagnet Basel ein Auswärtsspiel in Sion, dort wollten nur 8.123 Zuschauer den Tabellenführer sehen. Man sieht, Karten gibt es eigentlich immer, man braucht nicht vorher schon das Ding am heimischen PC ausdrucken. 

Wie gestalte ich einen Spieltag attraktiv, wenn es nur fünf Partien gibt ?

Die kleine Schweiz steht hier in harter Konkurrenz mit den anderen, größeren europäischen Ligen. Man geht der deutschen Bundesliga aus dem Wege, es gibt meistens zwei Matches am Samstagabend um 19.45 Uhr, zwei weitere Begegnungen finden dann am Sonntag um 13.45 Uhr statt. Den Abschluß bildet dann das "Topspiel" um 16.00 Uhr. Ausnahmen bestätigen aber auch hier die Regel. Die Preise entsprechem dem Lebensstandard, alles ist für Nichtschweizer eben rund 25% teurer, das beginnt bei den Tickets bis zur Stadionverköstigung. Die Spitzes des Preisgletschers bildete bislang Luzern, hier verlangte man für die teuerste Wurst umgerechnet 6,50 €.

Schweizer Fußballfans haben es gut, die Auswärtsfahrten sind überschaubar. Am schlechtesten kommen die Supps des FC Basel weg, zumindest in der Statistik. Am äußersten Zipfel, dem Rheinknie gelegen, müssen die Rot-Blauen die meisten Kilometer ackern. Allerdings ist es für deutsche Verhältnisse aber auch schon wenig, 250 Kilometer sind es vom Rhein ins Wallis, also nach Sion. Und das ist die weiteste Auswärtsfahrt. In der Hauptstadt Bern gibt es die Young Boys mit strategischem Vorteil, man liegt im Zentrum. Hier sind die 200 Kilometer nach St. Gallen schon viel, der Rest ist fast mit der S-Bahn zu erreichen.

Allerdings ist die Liga ziemlich ermüdend. Aufgrund der wenigen Clubs sapielt man die Liga einfach doppelt, wie in Schottland. Wenn dann sich noch zwei Clubs das Stadion teilen wie in Zürich, wird es schon langweilig. So fahren alle Anhänger der Schweizer Vereine mindestens viermal nach Zürich in den absolut hässlichen Letzigrund, Höchststrafe.

Der Zuschauerschnitt ist unterschiedlich und mit der Bundesliga auf keinen Fall zu vergleichen. Bei acht Millionen Einwohner ist das auch keine große Überraschung. Die Stimmung kann aber auch sehr gut sein, zu aller Überraschung. Auf jeden Fall ist es nicht so aggressiv wie in Germany. Die Schweiz gibt sich sehr familienfreundlich. So gab es beim Match zwischen Luzern und St. Gallen den Family Day, gepowert von Ligasponsor Raiffeisen. Für nur umgerechnet 45.-- € konnte dann eine erwachsene Person mit einem Kind kostenlos von jedem (!) Bahnhof der Schweiz nach Luzern fahren. Dort gab es eine Sitzplatzkarte pro Nase in einem Extrablock. Vor dem Stadion wurde eine Familyarea aufgebaut. Hier gaben Spieler beider Mannschaften Autogramme, man bekam ein Gutschein für eine Wurst mit Softdrink und eine Matchfahne mit den Wappen beider Clubs. Weitere Attraktionen wie eine Spielwiese rundeten das Programm ab. Das teuerste Angebot war dann 90.-- €, für zwei Erwachsene mit bis zu drei Kindern. Bundesliga nachmachen ! 

Der sportliche Wert der Liga ist übersichtlich. Der FC Basel beherrscht die Szene und nicht nur auf den Rängen. Wie der Namensvetter aus Deutschland ist der FCB aber auch nicht sonderlich beliebt beim Rest. In Thun wurde zum Beispiel der Sieg der Grasshoppers aus Zürich in Lausanne bejubelt, die Baseler Führung in Sion wurde dann am Sonntag in Luzern mit Pfiffen kommentiert. Es können nur noch zwei Teams Meister werden, Basel und GC.

Basel ist aber dafür auch der einzige nennenswerte Vertreter in Europa. Man hat ohne Zweifel die besten finanziellen Möglichkeiten, reizt diese aber nur begrenzt aus. Man verpflichtet Talente aus der Schweiz und Umgebung, bildet diese dann aus und bei Nachfrage wird eben verkauft. Yannik Sommer ist das jüngste Beispiel, der wechselt im Sommer nach Mönchengladbach. Dafür kehren viele Spieler allerdings später auch wieder zurück. Torjäger Streller und die Degenbrüder ist aktuelle Spieler, Alexander Frei war bis vor kurzem noch Topscorer des Rekordmeisters.

Aber die beschauliche Alpenrepublik hat auch Probleme mit den Fans. So verursachten in der EuropaLeague Anhänger des FC Basel eine Pause von 25 Minuten in Salzburg, zur Strafe folgte ein "Geisterspiel" im heimischen St. Jakob. Es gab auch schon deutliche Auswüchse von Hooligans, welche allerdings genau beobachtet werden.

Erst viel später wurde mir bewußt, warum in Thun keine Stimmung war. Die Ultras im Block Süd, "bestreikten" das Spiel. Der Block blieb leer, man demonstrierte im Berner Oberland gegen Überwachungsmethoden, welche anscheinend an totalitäre Staaten erinnerten. Willkürliche Verhaftungen in der Innenstadt sollen stattgefunden haben, begrenzte Stadionverbote ausgesprochen. Also blieb man fern, aber in den nächsten Heimspielen will man wieder präsent sein.

Eine weitere Besonderheit bildet die Mehrsprachigkeit. Bei meinem ersten Spiel in Basel spielte man gegen Servette Genf. Alle Ansagen folgten auch auf Französisch, mit Sion und Lausanne spielen derzeit zwei Vertretungen aus dem Wallis in der Schweiz. Einer steigt eh ab, Lausanne geht runter. Dafür kommt mit Vaduz eine Aufsteiger und zwar aus Lichtenstein. Schon wieder ein weiterer Exot. Allerdings wird der Schnitt nicht viel besser, denn die Steueroase interessiert sich nicht besonderlich für Fußball, 1.364 beträgt im Moment der Zuspruch von den Rängen. Mit dem Footie aus dem italienischen Teil ist es nicht weit her, Chiasso und Lugano fristen ihr kümmerliches Dasein in der zweiten Liga mit keinerlei Aufstiegschancen. 

In Sachen Pyrotechnik haben die Eidgenossen einiges zu bieten. Ich glaube, es gibt verschiedene Regeln, je nach Kanton, sprich Bundesland. In Zürich herrscht wohl auf jeden Fall "Feuer frei", das Feuerwerk von YB damals bei GC, das geht niemals über Einschmuggeln. Aber in Sachen Sicherheit gibt es kein Pardon, manchmal übertreibt man aber auch. Da gibt es sogar Wasserwerfer, wenn auch nur zur Abschreckung. Die Einsatzpolizisten erinnern manchmal an Belfast oder Kiew. Ein wenig mehr Zurückhaltung wäre gut, aber vielleicht findet die meisten Besucher das auch so in Ordnung. Ach ja Ordnung, die privaten Sicherheitsdienste am und im Stadion sehen sehr martialisch aus und erinnern irgendwie an Milizen aus Osteuropa. Kampfstiefel, dunkle Kampfanzüge und diverse Ausrüstung verleihen der Sache durchaus Eindruck. Na ja, wenn man meint.

So, ich glaube, ich habe nun genug geschwafelt. Hier noch ein paar Eindrücke von der Schweiz von meinen Touren 2013/14.

PS: St. Gallen und Aarau werde ich auf jeden Fall noch besuchen.

 

Bild: Absolute Nummero eins der Schweiz: FC Basel.

Bild: Für Spieler und Zuschauer eine Zumutung: Letzigrund in Zürich.

Bild: Jetzt übertreibt ihr aber, FC Basel gegen St. Gallen.

Bild: Tolle Aussicht, Stockhorn Arena des FC Thun vor dem Stockhorn Berg.

Bild: Auswärtssupport des FC St. Gallen beim FC Luzern.

So, das war es im Moment aus der Schweiz. In Kürze muß ich mich wieder mit der Insen auseinandersetzen, leider. Season over bei ManCITY. Bis bald, RaMü.