
Wundermann, 1940 - 2022.
Hallo Bloggs. Jürgen Sundermann war mein erster Trainer. Also, so der erste gefühlte und wahrgenommene VfB-Trainer, den ich erleben durfte. Und damit gehe ich ins "outing", denn allein an dieser Aussage erkennt man, dass ich schon ein paar Weihnachtsfeiern auf dem Buckel habe. Jürgen Sundermann, der nur noch bei Veteranen ein Glänzen in den Augen veranlasst. Aber sonst?
Auf jeden Fall ist dieser "Ruhrpottler" der Auslöser für den VfB Stuttgart der heutigen Zeit. Er verkörperte zwar noch den Malochertrainer, aber sportlich war er doch der Zeit voraus. Er war der Gründervater der "jungen Wilden", er formte Talente aus der Region zu Nationalspielern. Immerhin war er insgesamt drei Mal VfB-Trainer, die beste Zeit war ohne Zweifel das Aufstiegsjahr 1977 und die nachfolgenden drei Spielzeiten.
Schon die zweite Verpflichtung war spektakulär. Jürgen Sundermann trainierte für eine Saison die Grasshoppers Zürich, als der VfB eine Rückholaktion startete. Man traf sich in einem Schweizer Restaurant, wurde sich einig und wollte die Sache mit einer Flasche Sekt begießen. Der damalige VfB Präsident Gerhatd Mayer-Vorfelder verdrückte sich allerdings zuerst auf die Toilette und schaute im Geldbeutel nach, ob das Geld reichte. So zumindest die Legende. Kurzum, der VfB war richtig klamm.
Das änderte sich bald, die Zuschauer strömten in Strömen und zu dieser Zeit waren diese Einnahmen die Stütze aller Budgets.
Wir waren damals im A-Block, ganz oben unterm Dach. Es war ein überdachter schmaler Streifen unmittelbar neben der Haupttribüne und die Anlaufstelle für Fans, welche sich heute gerne als Ultras bezeichnen. Und wir brüllten es oft; dieses "Sundermann, Wundermann". Einfach, aber laut.
Es war ein wesentlich einfachere Zeit. Zwar etwas umständlicher, dafür aber ehrlicher. Es gab natürlich noch kein Internet, nur Festnetztelefone und noch diese Telefonhäuschen mit Münzgeldeinwurf. Neuigkeiten hießen noch nicht News und waren über den VfB nur bei den Zeitungen zu erfahren. Die Verpflegung im Neckarstadion war einfach. Man konnte zwischen rote und verbrannte Würste wählen. Die Überdachung beschränkte sich auf die Haupttribüne, zwei Drittel der Gegengerade und den schon erwähnten schmalen Streifen des A-Blocks. Die Dauerkarte war noch aus Pappe und wurde am Spieltag mit der Lochzange entwertet. Das Leben kann so einfach sein.
Ich weiß nicht, ob der Malocher Sundermann in der heutigen Zeit noch ein Plätzchen finden würde. Die abfallende Acht, die abgebogene Sechs und die falsche Neun wären höchsten beim Kartenspiel vorgekommen. Einen großen Platz in meinem Herzen und in meiner Erinnerung hat Jürgen Sundermann auf jeden Fall sicher.
Meine erste Dauerkarte. Die Buchstaben waren für Pokalspiele, Freundschaftsspiele usw. reserviert.
Keep the faith.
RaMü
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