
"Boro"

Hallo Bloggs. Das Riverside Stadium ist seit 1995 die Heimat des FC Middlesbrough, kurz ganz einfach Boro genannt. Es gibt phantasievollere Kosenamen, aber im Norden ist der Existenzkampf schon immer ein Thema gewesen und da hat man für andere Themen wenig Zeit. Gegründet wurde der Verein zwar schon 1876, aber Profifussball gab es "erst" seit 1889. Es war wohl wie überall im Land, Cricket war zwar immer noch die beliebteste Sportart aber Fussball begann an dieser Vormachtsstellung zu rütteln. Und ... Cricket war ein Sommersport. Um die düsteren Wintermonate zu überbrücken beschloss man daher eine Fussballmannschaft zu stellen und meldete diese an. Es folgte ein Hin und Her, mal Profitum, mal nicht, Beständigkeit ein Frendwort. 1901 erfolgte dann der Umzug in den Ayresome Park, dem zweiten Ground der Vereinsgeschichte. Hier entstand das "heute" Boro, hier kann man das Auf und Ab eines Vereines erleben, der nie irgendwelche großartige Erfolge feiern konnte und deshalb nur in England ein Begriff ist. Aber schon damals wußte man wie es geht. Nach einer längeren sportlichen Durststrecke kaufte ein Gönner einfach einen Torjäger für die damalige Rekordsumme von 1.000 £, und es lief. Na ja, ein Weilchen.
Wir ersparen uns die ganzen Jahrzehnte und nähern uns aber einer Zeit, die mancher Leser mitverfolgen kann. Mit dem dringend notwendigen Neubau des Riverside Stadium kam etwas Schwung und Erfolg in die Vereinsgeschichte. Rechtzeitig mit dem Einzug in den neuen Ground feierte man die Rückkehr in die Premier League und mit Manager Robson zog so etwas wie ein "Messias" in den tristen Norden ein. Der ehemalige ManU-Spieler erwies sich als Glücksgriff, als Spieler wie als Manager. Er tätigte Spielereinkäufe größeren Stils und konnte Namen wie Jan Åge Fjøtoft, Nick Barmby oder Paulista vom FC São Paulo verpflichten. Zunächst sollte sich die Transferoffensive nicht auszahlen, also mussten weitere Kracher her. Im Folgejahr verstärkten dann Ravanelli von Juventus und der Brasilianer Emerson den Kader. Aber, es fehlte das Konzept. Zwischenzeitlich war Boro in Europa ein kleiner Begriff, aber im Mannschaftsgefüge knirschte es und man machte Geschichte. Man stieg ab und bestritt zwei Pokalfinals, welche man ebenfalls verlor. Das kriegt bei aller Bescheidenheit niemand so schnell hin.
Mit dem neuen Manager McClaren ging es auch in die Jahrtausendwende. Englische Talente wie Southgate und Mills, sowie gezielte Neuzugänge vom Kontinent ergaben mit der Saison 2003/04 die bislang erfolgreichste Saison der Vereinsgeschichte. Mit dem Gewinn des Ligapokal mit einem 2:1 über die Bolton Wanderers gab es den ersten "echten" Titel. Es sollte der letzte dieser Art bleiben. International war man dann doch mit dabei. Im damaligen UEFA-Cup erreichte man 05/06 das Achtelfinale und in den folgenden Saison stand man gar im Endspiel. Auf dem Weg dorthin schaltete "Boro" unter anderem den VfB Stuttgart aus. Im Endspiel gegen den FC Sevilla hatte man allerdings keine Chance und verlor glatt mit 0:4. Dann kam das, was so oft passiert. Der Erfolg blieb aus und nur drei Jahre später folgte der Abstieg in die zweite Liga. Man bäumte sich auf, kam noch eine Spielzeit hoch, aber seit 2017 hat man sich mit der Zweitklassigkeit anscheinend abgefunden.
Das Riverside Stadium liegt logischerweise am Fluss Tees. Dieser mündet dann nach ungefähr 15 Kilometer in die Nordsee.
Die Umgebung des Stadions gleicht nach wie vor einer Brachlandschaft. Es wurde zwar alles abgerissen und es gibt bescheidene Anfänge für das Errichten einer Parklandschaft. Aber der Durchbruch scheint noch nicht gelungen. Einziger Lichtblick ist das College. Mit diversen Denkmälern erinnert man an die bessere Vergangenheit, so soll diese Fischreuse an den Fischfang erinnern.
Die Bauzeit betrug 1994/95 angeblich nur 32 Wochen, das kann ich nun wirklich nicht glauben. Solche kurze Zeitspannen gibt es heute nur noch in China. Oder, man kann auch sagen, vor fünfundzwanzig Jahren war alles noch besser. Mit ungefähr 35.000 Plätzen ist man mehr als gut bestückt, spontane Kartenkäufe am Spieltag direkt am Stadion sind kein Problem.
Also wenn Bahnhöfe die Visitenkarte einer Stadt sind, dann hat Middlesbrough schlechte Karten. Natürlich ist es schwer und anspruchsvoll, historische Gebäude zu bewahren und freundlich zu gestalten. Auf jeden Fall liegt die train station sehr zentral und man ist in nur 15 Minuten im Riverside Stadium.
Mit ziemlicher Sicherheit gibt es in der City schönere Ecken. Aber für den Besucher mit der Bahn wirkt es alles rückwärtsgewandt, herunter gekommen und lieblos. Wer auf der Suche nach dem England der Achztiger und frühen Neunziger ist, ist hier gut aufgehoben.
Keep the faith
RaMü
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