

1968
Hallo Bloggs. Das Jahr 1968 hatte es in sich. Es war der Höhepunkt der Studentenrevolten und Proteste gegen den Vietnamkrieg, russische Truppen marschierten in der damaligen CSSR ein, der schwarze Bürgerechtler Martin Luther King wurde ermordet, und, und, und .... Ein Skandalfilm namens "Zur Sache, Schätzchen" sorgte für den Skandal in der Kinowelt, die Mehrwertsteuer mit 10% wurde eingeführt und "Hey Jude" der Beatles geriet zum weltweiten Hit. In diesem Jahr hat sich dann KleinRaMü auch noch ein Fix Und Foxi Heft für 60 Pfennig gekauft, gesponsert von Opa. Und ... es gab für heutige und jüngere Fussballfans eine absolute Überraschung, der FC Bayern wurde nicht deutscher Meister, sondern der 1. FC Nürnberg. Mit den damaligen Bundesligisten Alemannia Aachen, Borussia Neunkirchen und dem MSV Duisburg können heute viele Fans nichts mehr anfangen, speziell Neunkirchen war aber schon damals ein echter Exote. In diesem Jahr 1968 startete auch die nunmehr sechste Bundesligasaison und der VfB Stuttgart war dann erneut im vorderen Drittel der Tabelle zu finden. Und wie komme ich überhaupt auf dieses Thema?
Ganz einfach. Bei der Behebung eines Wasserschadens hat man im Hause eine Lokalzeitung gefunden. Diese wurde zusammengeknüllt hinter einem Wasserrohr entdeckt, vermutlich als zusätzliche Isolierung. Meine mir angetraute Frau hat dann irgendwas mit Fussball und VfB gelesen und dieses Schmuckstück mir dann feierlich überreicht. Braves Mädchen! Dicker Schmatz! Auf jeden Fall war es eine Montagsausgabe und die Bundesliga war der Mittelpunkt der überregionalen Sportberichte. Und der VfB hat natürlich gewonnen, was sonst? Mit 1:0 gegen Hannover. Ekstase pur, bei den 15.000 Zuschauern im Neckarstadion. Es war der 16. Spieltag, es war ein Samstag, es war am 30. November 1968. Anpfiff war um 15.30 Uhr. So wie wir das ja immer behaupten. Früher war alles besser, alle neun Spiele an einem Samstag, alle ab 15.30 Uhr, und so. Und da habe ich dann doch gestaunt. Wie üblich gab es auch damals schon eine Übersicht. Die "Situation", heute Tabelle, garniert mit den letzten Resultaten und eine Vorschau auf den nächsten Spieltag. Und da musste ich mittelmäßig laut auflachen. Von wegen, alle um 15.30 Uhr.

Ich habe die Tabelle extra nochmals gescannt, vergrößert und mir aufgrund des unleserlichen Textes per Internet mal die Informationen besorgt. Und richtig. Der nächste Spieltag war zerpflückt, auf insgesamt vier (!) Anspielzeiten. Wenigstens nur zwei Tage. Verrat an der Tradition, schreien die Bewahrer. Zaghafte Vorzeichen der "neuen" Zeit, kontern die "Realos". 1968, wohlgemerkt. O.k., so gut wie 1969, aber auch egal. Zuerst konnte ich es nicht glauben, aber siehe neben dem Orginalausschnitt aus der damaligen Zeitung eine Grafik aus der "Neuzeit", schon ergänzt mit den Ergebnissen.


Wie das? Zunächst habe ich die gesamte Saison 1968/69 gecheckt. Hier wurde die tradionshafte Behauptung zunächst einwandfrei bestätigt. Der VfB hatte alle Heimspiele an einem Samstag, zusätzlich gab es aber noch drei Wochenspieltage in der Liga. Ergänzend noch den DFB-Pokal. Aber dieser abgebildete Spieltag hatte es dann doch in sich. Vielleicht lag es auch am sogenannten Nikolaustag, vielleicht auch nicht, es gab auch weiterhin gelegentlich Freitagsspiele. Auf jeden Fall lag es nicht an irgendwelchen bösen Bezahlsendern, denn die gab es schlichtweg damals noch nicht. Auch war der Besitz eines Fernsehgerätes, so die offizielle Bezeichnung, keineswegs selbstverständlich. Erst ein Jahr zuvor wurde das sogenannte "Buntfernsehen" eingeführt und der Verkauf solcher Geräte war bescheiden. 1968 legten sich nämlich nur 250.000 Menschen solch ein eine Neuheit zu, allerdings gilt diese Angabe nur für das damalige Westdeutschland. DDR und so.
Somit sind wir schon am Ende unserer kleinen Zeitreise angelangt. Wir verdanken das einem Wasserschaden und erkennen die Tatsache, dass vieles früher zwar anders, aber doch auch nicht so dolle war, wie viele heutzutage behaupten. Ach ja, 1968/69 wurde der FC Bayern deutscher Meister und der amtierende Meister, der glorreiche 1. FC Nürnberg, stieg ab. Also das hat bisher keiner mehr hingekriegt.
Keep the faith.
RaMü
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